Nintendo Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp
Switch, DE
«Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp» ist eine gelungene Remake-Packung von zwei Nintendo-Strategie-Klassikern. Leider hält die überarbeitete Grafik nicht mit dem Pixel-Charme der Originalspiele mit.
Mein erster Ausflug in die Welt der Strategiespiele war mit «Advance Wars» auf dem Gameboy Advance. Die kunterbunte Pixel-Grafik und die einsteigerfreundlichen Tutorials haben mich 2001 sofort gepackt. Den Nachfolger «Advance Wars 2» habe ich ebenfalls verschlungen. Auf Autofahrten, im Bett und in den Ferien – die kleinen Kriegsspiele waren meine ständigen Begleiter.
Entsprechend gross war meine Freude, als Nintendo vor zwei Jahren mit «Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp» ein Remake der beiden Games angekündigt hat. Zwei Spiele in einem Paket – mit überarbeiteter Grafik und neuem Soundtrack. Ein Traum.
Nach zwei Verschiebungen – unter anderem aufgrund des Ukraine-Krieges – ist das Spiel nun für die Nintendo Switch erhältlich. Ich habe ungefähr fünfzehn Stunden in die Kampagne investiert. Die Strategie-Schlachten machen mir immer noch so viel Spass wie anno dazumal. Jedoch kann ich mich mit der 3D-Neuinterpretation der Pixel-Optik überhaupt nicht anfreunden.
Als alter «Advance Wars»-Hase fühle ich mich sofort zu Hause. Am exzellenten Gameplay wurde im Remake nämlich nicht gerüttelt.
In «Advance Wars» kommandierst du deine Truppen auf einem virtuellen Schlachtfeld in rundenbasierten Kämpfen. Zur Verfügung stehen dir verschiedene Boden-, Luft- sowie Wasser-Truppen. Die Einheiten bewegst du auf einem Gitternetz über die Map. Jede Einheit hat einen eigenen Bewegungs- und Angriffsradius.
Die Wechselwirkungen zwischen den Truppen erinnern an das klassische Schere-Stein-Papier-Prinzip.
Statt Schere, Stein und Papier gibt es in «Advance Wars» rund ein Dutzend verschiedene Einheiten. Bomberflugzeuge vernichten Bodentruppen mit einem Schlag. Dafür sind sie anfällig gegen Kampfjets. Diese wiederum lassen sich mit Artilleriegeschossen mühelos vom Himmel holen. Diese Geschütze sind jedoch schwach gegenüber Panzerangriffen. Und so weiter.
Für einige Einheiten gibt es zudem verschiedene Abstufungen. Während sich der herkömmliche Jagdpanzer schon gut auf dem Schlachtfeld schlägt, räumst du mit dem Kampfpanzer so richtig auf. Dieser kostet in der Herstellung aber bedeutend mehr als die Standard-Variante.
Um genug Geld für die Produktion von hochkarätigen Killermaschinen zu verdienen, musst du möglichst viele Städte einnehmen. Das machst du mit Infanterieeinheiten. Aber Achtung – diese Bodentruppen sind zwar agil, dafür auch fragil. Beim Einnehmen von Städten und Fabriken kannst du schnell von gegnerischen Panzern überrumpelt werden.
Die Angriffs- und Defensivkraft der Truppen wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst. Einige Felder auf der Map – wie Städte, Berge und Wälder – geben Truppen einen defensiven Bonus. Wird die Map von Nebel bedeckt, kannst du dich in Wäldern und Riffen sogar für einen Hinterhalt verstecken. Sind deine Einheiten angeschlagen, wird auch ihre Angriffskraft gesenkt.
Vor jeder Mission wählst du einen Truppenführer aus, der deine Einheiten kommandiert. Diese haben verschiedene Spezialkräfte, die sich mit der Zeit auffüllen.
Der geschickte Andy repariert mit seiner Kraft in einem Zug alle Truppen. Mit Max wird die Angriffskraft aller Nahkampf-Truppen für eine Runde erhöht. Kommandant Olaf verwandelt die Map für eine Runde in eine Schneelandschaft. Und die schlaue Sonja erkennt für eine Runde versteckte Einheiten.
Die Spezialfähigkeiten der Truppenführer machen Spass und können das Mächteverhältnis in einem Match komplett auf den Kopf stellen. Unfair fühlen sich die Superkräfte nie an.
Die Kampagne des Spiels ist ein grosses Tutorial für die umfangreichen Spielmechaniken. «Advance Wars» führt dich Schritt um Schritt an neue Truppen, Anführer und Einrichtungen heran. In jeder Mission lernst du etwas Neues und verbesserst dich Stück für Stück.
Die Szenarien, mit denen dich das Spiel konfrontiert, sind zudem sehr abwechslungsreich. In einer Schlacht kämpfst du dich durch dichten Nebel und siehst deine Feinde nicht. In der nächsten befindest du dich auf offener See und spielst eine Runde Schiffe versenken. Bei einigen Missionen musst du das gegnerische Hauptquartier einnehmen und bei anderen Schlachten gilt es für zehn Runden zu überleben.
Schnell macht sich das typische «nur noch eine Runde»-Gefühl breit. Und ehe du dich versiehst, ist aus der einen Runde eine stundenlange Session geworden. Dafür liebe ich die «Advance Wars»-Games.
Willst du deine Skills auf die Probe stellen, kannst du dich abseits der Kampagne in diversen Challenges versuchen. Einen Multiplayer-Modus gibt es auch. Online kannst du aber nur gegen deine Freunde antreten – ein öffentliches Matchmaking gibt es nicht. Schade, aber für mich verschmerzbar. Der Reiz des Spiels liegt für mich sowieso in den stundenlangen Singleplayer-Schlachten.
So sehr mir das Game auch Spass macht, mit der überarbeiteten Grafik kann ich mich beim besten Willen nicht anfreunden. Dabei beginnt alles so schön. Beim Start des Games wirst du mit einer hübschen Anime-Sequenz begrüsst. Bunt, übertrieben und toll animiert. Diese Anime-Ästhetik wird in den Schlachten – mit Ausnahme der animierten Avatare – leider über Bord geworfen.
Mich erinnert das Ganze optisch an Free-to-Play-Spiele auf Smartphones. Es wirkt alles so generisch und seelenlos. Die 3D-Modelle sind sowohl in der Karten- als auch in der Split-Screen-Ansicht wenig detailliert und minimal animiert. Mit Ausnahme des schönen Wassers sehen die Maps allesamt unspektakulär und karg aus.
Das Original auf dem Gameboy Advance sieht im Gegensatz dazu zeitlos aus. Vor allem in der Split-Screen-Ansicht versprühen die Pixel-Panzer einen Charme, der in der 3D-Neuinterpretation völlig verloren geht. Eine Option für die originale Pixel-Darstellung wäre schön gewesen.
Immerhin einen Vorteil bringt die neue 3D-Grafik: Mit dem rechten Stick kannst du stufenlos rein- und rauszoomen, um dir einen Überblick vom Kampfgeschehen zu verschaffen. Das war auf dem kleinen GBA-Screen nicht so einfach möglich. Ein schwacher Trost für alle Pixelart-Fans.
«Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp» ist ein solides Remake von zwei zeitlosen Strategie-Klassikern. Am Gameplay wurde so gut wie nichts verändert – und das ist gut so. Wenn du dich auch nur ansatzweise für Strategiespiele interessierst, solltest du diesen zwei GBA-Perlen eine Chance geben. Trotz generischer Mobile-Grafik.
Ich hoffe, dass nach dem Remake bald ein echter Nachfolger kommt. Das letzte Spiel aus der Mainline-Serie erschien 2008 für den Nintendo DS. Das ist schon 15 Jahre her. So lange will ich nicht mehr auf eine neuen Ableger des bunten Strategiespiels warten. Ob mit oder ohne Pixel-Grafik.
«Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp» ist für die Nintendo Switch erhältlich. Das Spiel wurde mir zu Testzwecken von Nintendo zur Verfügung gestellt.
Titelbild: NintendoMeine Liebe zu Videospielen wurde im zarten Alter von fünf Jahren mit dem ersten Gameboy geweckt und ist im Laufe der Jahre sprunghaft gewachsen.