Hintergrund

CAD-Tetris im Röhrenradio

Kevin Hofer
23.4.2020

Ich verbaue in einem alten Röhrenradio-Gehäuse einen PC. Das Teil ist riesig, aber nicht für PC-Komponenten gedacht. Zur Vorbereitung auf das Bauprojekt spiele ich mit Mainboard, GPU und Co. CAD-Tetris.

Viel Platz habe ich nicht. Das alte Luxor Radio wirkt von aussen klobig. Innendrin sind die Platzverhältnisse jedoch knapp, das Teil fasst nur rund 29 Liter. Zum Vergleich: Mein Fractal Meshify S2 fasst etwa 47 Liter und das Mini-ITX-Gehäuse H210i von NZXT fasst rund 27 Liter. Ehrgeizig wie ich bin, will ich sogar ein ATX-Mainboard im Röhrenradio verbauen. Ob das Platz hat?

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Nachbau des Radios

Damit ich mir von den Platzverhältnissen ein genaueres Bild verschaffen kann, erstelle ich mithilfe des CAD-Programms Fusion 360 ein Modell des Röhrenradios. Das Grundgerüst ist schnell erstellt.

Da ich im Gehäuse jeden Zentimeter benötige, lasse ich die Elektronik des Röhrenradios vollständig weg. Zudem verzichte ich auf die Anzeige vorne mitsamt Tasten und Regler. Statt der Anzeige montiere ich ein Sichtfenster aus Glas. Damit es dennoch etwas an das Röhrenradio erinnert, ätze ich auf das Fenster die Radiofrequenzen im Stil des Originals.

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Ich will das Gehäuse von aussen möglichst wenig modifizieren. Daher lasse ich die Sichtfensteraussparung so wie sie ist. In der Aussparung wo früher die Tasten waren, plane ich Frontanschlüsse für USB und Audio sowie die Power-Taste. Beim Erstellen der Sichtfensteraussparung bemerke ich, dass ich noch weniger Platz im Inneren habe, als gedacht: Der Rahmen der Aussparung ragt einige Zentimeter ins Gehäuse. Bei der Konstruktion berücksichtige ich das.

Der Plattenspieler im Luxor Radio war im oberen Teil des Gehäuses montiert. Er lag in einer Aussparung auf. Diese Aussparung nutze ich für einen Radiator. Die CPU will ich nämlich wasserkühlen. Die Aussparung ist jedoch zu mittig platziert, so habe ich keinen Platz für die anderen Komponenten. Deshalb muss ich sie an den Rand verschieben. Dadurch habe ich ein viel zu grosses Loch in der Decke des Gehäuses. Dieses muss ich stopfen. Dazu drucke ich mit dem 3D Drucker eine Halterung für den Radiator, die gleichzeitig das überflüssige Loch stopft.

Dafür, dass heisse Luft abgeführt wird, ist gesorgt. Jetzt muss ich noch eine Möglichkeit finden, frische Luft ins Gehäuse zu befördern. Dafür bietet sich die alte Platzierung des Lautsprechers an. Wo früher Schall ausströmte, soll künftig Luft einströmen. Ein 180 Millimeter-Lüfter passt perfekt dorthin.

Was mir ganz zuletzt noch auffällt, obwohl es offensichtlich ist: In den Ecken hat es Holzwinkel, die das Gehäuse zusammenhalten. Die fressen mir zusätzlich Platz im Innern. Ich berücksichtige das in der Konstruktion.

PC-Komponenten-Tetris

Nachdem das Gehäuse rekonstruiert ist, platziere ich virtuell die Komponenten. Dabei handelt es sich um 3D-Modelle, die ich online finde. Nicht alle Teile sind die, die ich dann effektiv verbaue. Die Grafikkarte im Rendering ist eine Radeon VII und die Pumpe mit Reservoir eine von Alphacool. Welche Grafikkarte effektiv reinkommt, weiss ich noch nicht. Die Radeon VII scheint mir von der Grösse her ein guter Platzhalter. Bei der Pumpe wird’s eine Magicool DCP 450. Die Pumpe werde ich mit 3D-Druck etwas modifizieren, damit sie an eine Elektronenröhre erinnert. Somit erinnert auch im Inneren etwas an die Geschichte des Gehäuses.

Als erstes platziere ich das Mainboard. Aufgrund der Platzverhältnisse kann ich es nur der Länge nach platzieren. So sind auch die Anschlüsse hinten. Die Rückwand muss ich übrigens selbst bauen. Die Originalwand kann ich nicht mehr verwenden, da sie so weit ins Gehäuse hineinragt, dass ich kein ATX-Mainboard verbauen könnte. Sehr wahrscheinlich kommt hierfür auch 3D-Druck zum Einsatz.

Das Netzteil platziere ich von hinten gesehen rechts unten. Für dieses wird eine der wenigen äusseren Modifikationen am Gehäuse nötig: Ich muss ein Loch für die Luftzufuhr in den Boden sägen.

Für die Grafikkarte habe ich mir etwas besonderes ausgedacht: Vom alten Streaming-PC von Kollege Philipp Rüegg habe ich eine Halterung gerettet. Damit lässt sich die Grafikkarte an allen erdenklichen Orten anbringen. In diesem Fall entscheide ich mich für die Decke. Egal welche Grafikkarte reinkommt, es muss eine mit ordentlich RGB vorne bei den Lüftern sein. So beleuchte ich die ganze Installation von oben.

Beim Einsauglüfter wird’s richtig eng: Unmittelbar dahinter ist das Netzteil mit den Kabeln. Mal schauen, wie ich das aneinander vorbeibringe. Für die Kabel plane ich ebenfalls den 3D Drucker anzuwerfen. Kabelkämme, die ich am Gehäuse befestige, sorgen für eine schöne Kabelführung.

Den Radiator platziere ich mit Hilfe einer 3D gedruckten Halterung ausserhalb des Gehäuses, dort wo früher der Plattenspieler war. So ragen Radiator und Lüfter nicht zu weit ins Gehäuse und ich habe etwas mehr Platz.

Als wäre es nicht schon knapp genug, muss auch die Pumpe inklusive Reservoir ihren Platz haben. Glücklicherweise ist die DCP 450, die ich verbaue, etwas kleiner als das Modell von Alphacool.

Ans Werk

Eines haben alle meine bisherigen Bastelprojekte gemein: Erstens kommt es anders, zweitens, als man denkt. Obwohl das Sprichwort so ausgelutscht ist wie eine Wassermelone an einem heissen Sommertag, wird es mit Bestimmtheit auch auf das Röhrenradio-Projekt zutreffen. Dennoch: Das Modell ist ein guter Anhaltspunkt. Welche Überraschungen beim Zerlegen des Gehäuses auf mich lauern, erfährst du beim nächsten Mal.

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Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.

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