Turtle Beach Atlas Air
Das Atlas Air ist verdammt bequem
Noch nie habe ich ein derart komfortables Headset aufgehabt wie das Atlas Air – trotz Übergrösse für meinen Kopf. Hersteller Turtle Beach zaubert auch einen herrlichen Klang aus den Treibern. Die Software ist jedoch ein Graus.
Offene Gaming-Headsets sind selten. Das Atlas Air ist die Ausnahme, die die Regel bestätigt. Auch sonst hat das Teil Besonderheiten, die aber nicht auf den ersten Blick ersichtlich sind. Die Ohrmuscheln sind über je drei Gummibänder mit dem Kopfband verbunden. Sie «schweben» an diesem, was das Headset sehr bequem macht. Darüber hinaus bietet es einen guten Klang. Bei der Software zur Konfiguration und der Verarbeitung überzeugt es hingegen nicht.
Soundqualität der Treiber: mit den Qualitäten offener Hörer
Standardmässig ist das Equalizer-Profil «Turtle Beach Signature Sound» aktiv. Dieses lasse ich auch während des ganzen Tests aktiviert. Ich finde, dass ein Headset auch «Out of the Box» gut klingen muss, ohne Anpassungen im Equalizer. Das tut das Atlas Air. Typisch für offene Kopfhörer bieten sie einen natürlichen und klaren Klang.
Das offene Design hilft den Kopfhörern dabei, den Klang natürlicher und mit besserer Raumwirkung abzubilden als geschlossene Kopfhörer. So hört sich etwa das Surren der Leuchtstoffröhren in «Autopsy Simulator» an wie in echt und nicht dumpf wie bei geschlossenen Hörern üblich. In «Ghost of Tsushima» höre ich wiederum, aus welcher Richtung die Pfeile angeschossen kommen. Und der geniale Soundtrack von «Eiyuden Chronicle: Hundred Heroes» klingt hervorragend.
Sowieso habe ich mit dem Atlas Air beinahe mehr Musik gehört als gezockt. Es liefert satte Bässe, volle Mitten und knackige Höhen. So gehen etwa die Lyrics in «Nightcrawler» von Czarface nicht in einem Meer aus Bass unter. Der Spagat zwischen Höhen und Tiefen gelingt dem Headset ebenso. Etwa bei «Ode to Nujabes» von Funky DL. Der Klang wirkt voll und ausgewogen.
Selbstverständlich hat das offene Design der Hörer auch Nachteile. Etwa, dass es mich nicht vor Umgebungslärm schützt. Immerhin höre ich so, wenn sich meine Söhne anschleichen, um mich zu erschrecken.
Bei der Lautstärkeregelung ist mir folgendes negativ aufgefallen: Alles unter 50 Prozent der Maximallautstärke ist kaum hörbar. Erst ab 50 Prozent höre ich den Sound und die grössten Veränderungen bemerke ich zwischen 70 und 100 Prozent. Ich wünschte mir eine feinere und regelmässigere Aufteilung.
Soundqualität des Mikrofons: brauchbar, aber nicht mehr
Das Mikrofon lässt sich abnehmen. Brauche ich es also einmal nicht, lasse ich es einfach weg. Einmal angesteckt, lässt es sich hoch- und runterklappen. Aktiv ist es erst, wenn es heruntergeklappt ist. Der Mikrofonarm selbst ist flexibel und lässt sich in alle Richtungen drehen. Das ist zwar praktisch, damit ich das Mik nahe an den Mund bewegen kann. Aber wenn ich vergesse, es vor dem Hochklappen wieder gerade zu biegen, küsst es meine Stirn.
Die Soundqualität des Mikrofons ist nicht berauschend. Sie reicht aber für Teamchat oder Meetings aus. Hier eine Hörprobe:
Lieferumfang und Ergonomie: bequem, trotz Übergrösse
Das Atlas Air kommt mit Tragebeutel, USB-C- sowie 3,5mm-Kabel und einem USB-Transmitter für die drahtlose Verbindung. Nebst dieser 2,4-GHz-Funkverbindung steht auch Bluetooth zur Verfügung. Die beiden Modi sind nicht gleichzeitig nutzbar. Das Headset lässt sich somit mit allen erdenklichen Geräten koppeln. Mit der Xbox jedoch nur per 3,5mm-Kabel.
Der Akku soll gemäss Hersteller bis zu 50 Stunden durchhalten. Das ist optimistisch und dürfte nur im Betrieb per Bluetooth hinkommen. Mit dem Dongle liegen zwischen 35 und 40 Stunden drin. Das ist im Vergleich zum Stealth Pro mit zehn Stunden immer noch viel. Bei mir reicht das für eine Woche Musik bei der Arbeit und Zocken am Abend.
Was mir gleich auffällt, als ich das Headset in die Hände nehme: Es ist leicht. 301 Gramm, um genau zu sein. Damit es ist über 100 Gramm leichter als das Arctis Nova Pro Wireless, das aktuell meistverkaufte Headset im Shop. Würde es nicht so leicht verrutschen, würde ich es auf dem Kopf kaum spüren. Auf meinem kleinen Schädel wirkt das Teil enorm, dennoch ist es äusserst bequem.
Einstellen tue ich das Headset über die erwähnten Klettverschlüsse. Das klappt ganz gut. Das Kopfband selbst liegt nicht auf dem Kopf auf, sondern das Elastikband, über welches ich die Grösse verstelle. Dieses spüre ich aber kaum. Nach ein paar Stunden Tragen vergesse ich sogar, dass es da ist.
Auch die Ohrmuscheln sind sehr bequem. Aufgrund des Befestigungsmechanismus mit den Gummibändern passen sie sich der Kopfform gut an. Dafür lassen sie sich nicht einklappen oder drehen. Für den Transport ist das Headset also weniger geeignet. Die Textilpolster fühlen sich angenehm an und ich schwitze wenig. Meine Ohren berühren die Treiber nicht, was ebenfalls zum guten Komfort beiträgt. Auch mit Brille drückt es nirgends.
Bei den Materialien setzt Turtle Beach auf Textil und Kunststoff. Das wirkt auf den ersten Blick billig. Aber vor allem der Kunststoff ist von guter Qualität. Ich kann das Headset in alle erdenklichen Richtungen drehen, ohne dass es kaputt geht. Mehr Sorgen machen mir die Klettverschlüsse und das Netz, das über das Elastikband und das Kopfband gespannt ist. Das sind wohl die Teile des Headsets, die am schnellsten verschleissen.
Features und Funktionen: Ach herrje, die Software
Das Atlas Air ist auf das Nötigste reduziert. Bei den Bedienelementen am Headset selbst gibt es drei Knöpfe: Einschalten, Wechseln zwischen den Drahtlosmodi und Bluetooth-Pairing. Die Lautstärke verstelle ich über ein grosses Drehrad an der Aussenseite der Ohrmuschel. Dieses befindet sich links – wie auch alle anderen Bedienelemente, das Mikrofon und die Anschlüsse.
Sonst bietet das Headset keine speziellen Funktionen. Als offener Hörer hat es selbstverständlich kein aktives Noise Cancelling. Konfigurieren lässt sich das Atlas Air über die Software Swarm II. In dieser lässt sich etwa die Option Superhuman Hearing aktivieren und konfigurieren. Dabei werden gewisse Geräusche in Spielen verstärkt, etwa Schritte von Gegnern. Aber auch das Verhältnis von Spiel- und Chatlautstärke lässt sich einstellen. Ebenso kann das Mikrofon konfiguriert werden. Hinzu kommen ein Equalizer, Energieeinstellungen und die Möglichkeit, Firmwareupdates durchzuführen. Genau während eines solchen ist mir die Software abgestürzt und ich musste sie neu starten. Auch sonst hatte ich mit Bugs zu kämpfen. Etwa, dass die Einstellungen nicht übernommen wurden.
Fazit
Gute Hörer, die wenig bis keine Konkurrenz haben
Das Atlas Air besticht durch den Tragekomfort und den Klang. Dank den vielfältigen Verbindungsmöglichkeiten lässt es sich mit allen erdenklichen Geräten nutzen. Mit um die 40 Stunden Akkulaufzeit steht langen Gaming Sessions nichts im Weg. Weniger gut ist das Mikrofon und die Software wirkt noch wie eine Beta-Version. Auch die Klettverschlüsse zur Grösseneinstellung und das Netz ums Kopfband sehe ich kritisch. Ich fürchte, dass sie schnell kaputt gehen.
Persönlich würde ich eher zu einer Kombination aus einem offenen Kopfhörer wie dem Beyerdynamic DT990 Pro und einem Podcast-Mikrofon greifen. Dort verzichtest du zwar auf die drahtlose Verbindung, aber die Soundqualität ist nochmal eine andere Liga. Kabellose Alternativen in dieser Preisklasse gibt es jedoch nicht. Mir fällt einzig das Audeze Maxwell PS ein, das aber nochmal deutlich mehr kostet als das Atlas Air.
Pro
- Verdammt bequem
- Guter Klang
- Viele Verbinudungsmöglichkeiten
- Lange Akkulaufzeit
Contra
- Verarbeitung
- Mikrofon
- Software
Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.