Fairbuds XL im Test: Wenn sich Nachhaltigkeit gut anhört
Fairphone macht jetzt auch Kopfhörer nachhaltiger. Der Over-Ear Fairbuds XL lässt sich leicht selber reparieren und beim Sound musst du keine Abstriche hinnehmen.
Der Fairbuds XL bestehen aus neun Einzelteilen. Diese lassen sich bei Schäden austauschen. Alles, was du dafür brauchst, ist ein Schraubenzieher. Die Geräuschunterdrückung arbeitet prächtig und der Sound bewegt sich auf Ohrenhöhe mit anderen Over-Ear-Kopfhörern dieser Preisklasse.
Unkomplizierte Einrichtung und ein Joystick, der Freude macht
Den Fairbuds XL verbindest du klassisch mit deinem Smartphone, Computer oder anderem Wiedergabegerät. Dafür drückst du den Joystick, den ich sehr angenehm zu benutzen finde, an der rechten Ohrmuschel einige Sekunden lang, um den Kopplungsmodus zu starten. Anschließend erscheint der Kopfhörer auf dem Wiedergabegerät.
Für die drahtlose Verbindung nutzt der Fairbuds XL Bluetooth 5.1. Das ist völlig in Ordnung, aber trotzdem wäre 5.3 als geringfügig besserer Standard noch schöner. Eine Verbindung über Kabel ist mit dem USB-C-Anschluss möglich, das habe ich allerdings nicht ausprobiert.
Die Steuerung erfolgt am Kopfhörer über den Joystick und eine weitere Taste. Mit der Taste oberhalb des Joysticks wechselst du zwischen aktiver Geräuschunterdrückung, keiner Geräuschunterdrückung und den Umgebungsgeräuschen. Mit dem Joystick passt du die Lautstärke an, schaltest zum nächsten oder vorherigen Track und startest sowie stoppst die Wiedergabe. Anrufe annehmen und beenden klappt auch.
Der Fairbuds XL ist nach IP54 vor Schweiß und Spritzwasser geschützt. Etwas Regen dürfte ihm als nichts anhaben. Das verwendete Kunstleder an Bügel und Ohrmuschel, lädt mich allerdings nicht dazu ein, ihn beim Sport voll schwitzen zu wollen.
Nachhaltig durch Materialien und einfache Reparatur
Wie schon beim Fairphone setzt der Hersteller auch beim Fairbuds XL auf Nachhaltigkeit. Die soll sich bei den verwendeten Materialien, dem auf leichte Reparierbarkeit ausgelegten Design und den Arbeitsbedingungen bei der Produktion bemerkbar machen.
Das verwendete Aluminium soll vollständig recycelt sein und der Kunststoff zu 80 Prozent. Das modulare Design sorgt dafür, dass sich verschiedene Teile einzeln ersetzten lassen. Bei einem Schaden muss also nicht gleich der ganze Kopfhörer auf den Müll. Insgesamt besteht der Fairbuds XL aus neun Einzelteilen, die sich austauschen lassen. Dafür brauchst du nur einen passenden Schraubenzieher für die kleinen Kreuzschrauben und minimal geschickte Hände. Wie das aussieht, zeige ich dir in bewegten Bildern:
Guter Sound sorgt für lange Nutzung
Der gute Sound der Fairbuds XL trägt ebenfalls zur Nachhaltigkeit bei. Denn würden sie schlecht klingen, würden sie nach der ersten Enttäuschung schnell durch konventionelle Kopfhörer ersetzt werden.
Im Fairbuds XL stecken zwei 40 Millimeter große dynamische Treiber. Der Kopfhörer unterstützt mit aptX-HD, AAC und SBC drei weit verbreitete Codecs.
Ich habe mit dem Fairbuds XL Musik unterschiedlicher Stilrichtungen, Podcasts und Hörspiele gehört sowie Telefonate geführt und bin mit ihrem Sound sehr zufrieden. Der Stereosound vermittelt mir das Gefühl, mitten im Geschehen zu sein. Die Höhen kommen klar an meinem Ohr an. Die Mitten fühlen sich angenehm an und runden das Klangbild weiter ab. Der Bass ist spürbar, bleibt aber dezent. Das empfinde ich aber nicht negativ, auch wenn der Bass bei anderen Over-Ear-Modellen mehr wummert.
Die Mikrofone des Fairbuds XL sorgen dafür, dass ich beim Telefonieren oder in Videocalls für mein Gegenüber gut zu verstehen bin. Das gilt aber nicht in lauten Umgebungen. Telefonate solltest du nicht an einer viel befahrenen Hauptstraße führen.
Bereits ohne aktive Geräuschunterdrückung (ANC) dämpft der Fairbuds XL die Umgebung. Mit ANC wird es noch besser. Im Büro stören mich zum Beispiel die telefonierenden Kollegen nicht mehr. Wer mit mir reden will, muss mich antippen oder mir winken. Dabei habe ich die Musik nach meinem Empfinden gar nicht besonders laut gestellt. An lauten Straßen funktioniert die aktive Geräuschunterdrückung ebenfalls wunderbar. Podcasts oder Hörspiele kann ich hier in angenehmer Lautstärke hören.
In der Fairbuds-App (Android/iOS) stehen dir vier Equalizer-Voreinstellungen zur Auswahl. Sie sind nach Städten benannt und haben jeweils eine kurze Beschreibung ihres Klangbildes. Für die Voreinstellungen arbeitet Fairphone mit Sonarworks zusammen, die sie als «Audiotech-Innovator» bezeichnen. Selber kannst du keine Veränderungen an den Equalizer-Einstellungen vornehmen. Neben einer Kurzanleitung der Kopfhörer, Verweisen zum Support, Newsletter und Datenschutzbestimmungen dient die App nur noch zum Aufspielen von Firmware-Updates auf die Fairbuds.
Ohne Werkzeug tauschbarer Akku
Der Akku des Fairbuds XL hat eine Kapazität von 800 mAh. Der Kopfhörer soll mit ihm 28 Stunden laufen – sogar 30, wenn du die aktive Geräuschunterdrückung deaktivierst. Im Verlauf meines Tests komme ich – mit Pausen in der Nutzung – auf etwa die angegebene Laufzeit. Das ist guter Over-Ear-Kopfhörer-Durchschnitt oder sogar schon leicht darüber. Die Aufladung über USB-C dauert etwa drei Stunden, wenn die Batterie komplett leer ist.
Du könntest dir aber auch einen zweiten Akku besorgen und ihn mit wenigen Handgriffen austauschen. Allerdings gibt es kein externes Ladegerät, du müsstest also auch die zweite Batterie im Kopfhörer aufgeladen haben. Somit ist es wahrscheinlicher, dass du den Akku erst austauscht, wenn der erste nach intensiver Nutzung schwächer wird.
Fazit: Nicht nur gut fürs Gewissen
Die Idee hinter dem Fairbuds XL ist sympathisch und anders als beim Fairphone musst du keine technologischen Kompromisse eingehen. Du erhältst einen bequemen Kopfhörer mit ordentlicher Akkulaufzeit, effektiver Geräuschunterdrückung und einem guten Sound. Als Bonus gibt es die Aussicht, die Batterie oder beschädigte Teile selber austauschen zu können. Da Fairphone es schafft, für seine Smartphones zuverlässig Ersatzteile vorrätig zu halten, bin ich da auch bei dem Kopfhörer zuversichtlich.
Preislich bewegt sich der Fairbuds XL mit seiner unverbindlichen Preisempfehlung von 249 Euro/Franken im gleichen Bereich wie beispielsweise die Sony WH-1000XM4 oder die Bose QuietComfort 45. Die mögen teilweise einen besseren Sound bieten, sind aber ursprünglich zu einem höheren Preis auf den Markt gekommen. Der ist über die Zeit – eher Jahre als Monate – gesunken. Da der Fortschritt bei Over-Ear-Kopfhörern gemächlich voranschreitet, können auch sie weiterhin empfohlen werden – was ich über ein drei Jahre altes Smartphone definitiv nicht sagen würde. Die Konkurrenz bietet also Gründe, welche die Nachhaltigkeit als Argument für den Fairbuds XL schwächer machen.
Titelfoto: Jan JohannsenAls Grundschüler saß ich noch mit vielen Mitschülern bei einem Freund im Wohnzimmer, um auf der Super NES zu spielen. Inzwischen bekomme ich die neueste Technik direkt in die Hände und teste sie für euch. In den letzten Jahren bei Curved, Computer Bild und Netzwelt, nun bei Galaxus.de.