HMD Fusion Flashy Outfit
HMD Fusion im Test: Gute Idee scheitert an der Hardware
Das HMD Fusion soll sich mit seinen Hüllen an verschiedene Bedürfnisse anpassen. Doch leider ist der Smartphone-Kern so schlecht, dass das gesamte Konzept unattraktiv wird.
Das HMD Fusion soll sich mit seinen Hüllen an verschiedene Bedürfnisse anpassen. Doch leider ist der Smartphone-Kern so schlecht, dass das gesamte Konzept unattraktiv wird.
Ich habe eine Schwäche für modulare Smartphones und die Idee, einzelne Komponenten einfach austauschen zu können. Richtig erfolgreich war bisher aber kein Konzept in diese Richtung. HMD wagt den nächsten Versuch.
Der Hersteller setzt auf einen Smartphone-Kern, der sich je nach Bedarf mit verschiedenen Hüllen versehen lässt. Dank Open-Source-Toolkit kannst du sogar eigene Hüllen entwerfen. Das ist aber eher für Unternehmen interessant und auch die müssten sich dafür mit einem unterdurchschnittlichen Smartphone zufriedengeben.
Smart Outfits könnten das HMD Fusion vielseitig machen – wenn sie gut wären
In der Theorie klingt die Idee gut. Dafür müssten die Hüllen aber auch einen echten Mehrwert bieten – und den sehe ich bei den von HMD angebotenen Smart Outfits bisher nicht.
Das Kerngehäuse des HMD Fusion ist nach IP54 vor Spritzwasser geschützt, liegt allerdings nicht bequem in der Hand. Deswegen gehört das Casual Outfit zum Lieferumfang des Smartphones. Hinter dieser Bezeichnung verbirgt sich eine schnöde, transparente Hülle.
Für den Test hat HMD mir zwei weitere Outfits zur Verfügung gestellt. Das Flashy Outfit erweitert das Smartphone um ein bewegliches Ringlicht und das Gaming Outfit ist ein Controller zum Zocken.
Das Rugged Outfit ist die bisher einzige Hülle, mit der HMD hoffen kann, das Fusion an Firmenkunden zu verkaufen. Sie macht das Smartphone robuster und erweitert seinen Funktionsumfang, ist aber noch nicht erhältlich.
- nach IP68 wasserdicht
- ein zweiter USB-C-Anschluss
- kabelloses Laden mit bis zu 10 Watt
- zwei zusätzliche Tasten: eine Push-to-Talk-Taste für Walkie-Talkie-Funktionen sowie eine Notfalltaste, mit der sich Hilfe rufen lässt
Mehr Licht mit Flashy Outfit
Die Outfits sitzen sehr eng, was den Wechsel etwas aufwändig und nervig macht. Das spricht für mich nicht dafür, ständig die Hülle zu wechseln.
Das Ringlicht des Flashy Outfits befindet sich auf der Rückseite des Smartphones und rahmt die Kamera des HMD Fusion ein. Ich kann es um 180 Grad nach oben klappen, um mein Gesicht zu beleuchten, während ich in die Frontkamera schaue.
Das Ringlicht hat eine kurze Reichweite von etwa einem Meter. Alles, was weiter weg ist, wird durch das Flashy Outfit nicht besser beleuchtet. Auf kurze Distanz bringt es zwar mehr Helligkeit als das integrierte Blitzlicht, farblich überzeugt mich aber weder das eine noch das andere Selfie.
Besser gefällt mir die Farbwiedergabe im Video. Hier kommt die Automatik besser mit dem Licht zurecht und sorgt für einen natürlichen Hautton. Es ist allerdings nur mein Gesicht zu erkennen.
Zocken nur auf Umwegen
Für das Gaming Outfit muss ich das HMD Fusion aus der Hülle nehmen. Von den Abmessungen her würde es zwar auch mit ihr in den ausziehbaren Controller passen, aber dann erreicht dieser nicht die Anschlüsse «Smart Pins» genannten auf der Rückseite des Smartphone-Kerns.
Trotz der schwachen Hardware – siehe unten – lassen sich erstaunlich viele Android-Games auf dem Fusion zocken. Die Tasten und Joysticks des Gaming Outfits hinterlassen einen soliden Eindruck.
Es gibt allerdings einen großen Haken, der dagegen spricht, 70 Euro oder Franken für das Gaming Outfit auszugeben. Es funktioniert nur mit Spielen von «Blacknut». Eine Cloud-Gaming-Plattform mit überschaubarem Spieleangebot, von der ich vor diesem Test noch nie gehört hatte. Android-Games und andere Cloud-Gaming-Dienste unterstützt das Gaming Outfit bisher nicht. Da gebe ich zum Zocken auf dem Smartphone lieber etwas mehr Geld aus, zum Beispiel für den Backbone One.
Etwas mehr Leistung wäre gut gewesen
Mit seiner Hardware ist das HMD Fusion selbst in seiner Preisklasse schlecht ausgestattet. Das 6,56 Zoll große Display hat eine Bildwiederholrate von 90 Hertz und die niedrige Auflösung von 1612 × 720 Pixeln genügt immerhin für eine scharfe Darstellung. Die Farben sind allerdings nicht besonders kräftig und mit 600 Nits taugt das Display nicht für die Nutzung im Sonnenlicht.
Der verbaute Snapdragon 4 Gen 2 schneidet im Benchmark-Vergleich nicht so schlecht ab, wie sich das Smartphone teilweise anfühlt. Es lassen sich zwar alle Apps starten und nutzen, mir kommt die Nutzeroberfläche jedoch teilweise langsam und verzögert vor. Es gibt in dieser Preisklasse genug Geräte, die flüssig laufen. Ich kann niemanden empfehlen, sich eigene Smart Outfits ein Smartphone mit so wenig Leistung zu bauen.
Der Zugewinn gegenüber dem miserablen HMD Pulse Pro ist offensichtlich. Auch gegenüber dem Galaxy A16 5Glink with title schneidet das HMD Fusion im CPU-Test von Geekbench insgesamt besser ab. Trotzdem fühlt sich das Smartphone von Samsung in der Realität besser an. Das untermauert auch der Abstand beim Office-Test von PCMark 10. Für die GPU gibt es keine Messwerte. Die Tests brechen auf dem Fusion immer vorzeitig ab.
Je nach Speichervariante steht dem Snapdragon 4 Gen 2 unterschiedlich viel Arbeitsspeicher zur Seite. Mein Testgerät verfügt über 8 Gigabyte RAM und 256 Gigabyte Datenspeicher. HMD bietet auch noch eine Variante mit 6 und 128 Gigabyte an. Der Chipsatz versorgt das Fusion mit Bluetooth 5.1 und Wi-Fi 6. Das ist nicht der aktuellste Standard für drahtlose Netzwerk, aber im Alltag kein Nachteil.
Zwei Kameras für Aufnahme bei Tageslicht
Das HMD Fusion verfügt nur über zwei Kameras. Die Hauptkamera auf der Rückseite hat eine Auflösung von 108 Megapixeln und die Frontkamera eine von 50 Megapixeln. Bei Tageslicht liefern sie gute Schnappschüsse. Mit dem Kontrastausgleich durch die Software und der Detailgenauigkeit bin ich zufrieden, mit der Farbwiedergabe nur teilweise.
Welche Auswirkungen das eingebaute Blitzlicht und das Flashy Outfit auf die Farbwiedergabe haben, demonstrieren die folgenden drei Bilder:
An meiner bunten Testwand bleibt das HMD Fusion selbst bei Tageslicht fade. In der Nacht ist die Aufnahme mit dem integrierten Blitzlicht zu dunkel und das Flashy Outfit bringt zu viel Blau ins Bild.
Brauchbare Akkulaufzeit
Der Akku des HMD Fusion verfügt über eine Kapazität von 5000 mAh. Geladen wird er mit bis zu 33 Watt. Das ist in Ordnung, inzwischen unter den Schnellladetechnologien aber langsam. Der Batterietest von PC Mark 3.0 ermittelt eine Akkulaufzeit von 10:20 Stunden. Damit kommt das Smartphone im Vergleich gut weg. Das Pulse Pro schafft 8:12 Stunden, das Galaxy A16 5G immerhin 9:57 Stunden.
Kurzer Updatezeitraum, einfachere Reparatur
HMD liefert das Fusion mit Android 14 aus und nimmt nur wenige Anpassungen an Googles Betriebssystem vor. Sechs Drittanbieter-Apps haben den Weg auf das Gerät gefunden, lassen sich aber mit wenigen Klicks entfernen. Optisch gefällt mir der monochrome Look der Startseite. Nicht zufrieden bin ich mit nur zwei Betriebssystemupdates. Nach Android 16 kommt dann nichts mehr. Drei Jahre Sicherheitsupdates sind auch zu kurz – vor allem, wenn eine Firma eigene Smart Outfits für das Gerät entwickelt.
Im Kontrast zu den kurzen Updatezeiträume für die Software steht die Reparierbarkeit des HMD Fusion. Display, Rückseite, Akku und der Ladeanschluss sollen sich vergleichsweise einfach austauschen lassen. Dafür kooperiert HMD mit iFixit, die Anleitungen, Ersatzteile und das nötige Werkzeug mehrere Jahre vorrätig halten. Allerdings zähle ich 15 Schrauben auf der Rückseite. Das macht die Öffnung des Smartphones zu einer langwierigen Angelegenheit.
Fazit
HMD beweist was möglich ist und geht auf Kundensuche
Die Idee hinter dem HMD Fusion halte ich für gut. Die Umsetzung ist aber eine Katastrophe. Mit seiner schwachen Hardware lässt sich das Smartphone weder privat noch beruflich zufriedenstellend nutzen und die bisher verfügbaren Hüllen bringen keinen Mehrwert.
Langsamer Chip, ein dunkles Display und eine Kamera, die nur unter Idealbedingungen schöne Fotos liefert: Das HMD Fusion macht keinen Spass. Da hilft es auch wenig, dass es einfacher zu reparieren ist als andere Smartphones. Im Gesamtpaket mit dem kurzen Updatezeitraum dürfte es auch schwerfallen, Unternehmen zu überzeugen, eigene Smart Outfits zu entwerfen.
Für meinen privaten Alltag würde ich in der Preisklasse zwischen 200 und 250 Euro/Franken lieber zu einem anderen Gerät greifen. Spontan fallen mir das Samsung Galaxy A16 5G oder das Redmi Note 13 Pro 5G von Xiaomi ein. Sie bieten zu einem ähnlichen Preis eine bessere Ausstattung und längere Softwareupdates.
Pro
- mit Smart Outfit für ungewöhnliche Bedürfnisse maßschneidern
- gute Akkulaufzeit
- leichte Reparierbarkeit von Display, Akku, Ladeanschluss und Rückseite
Contra
- schwache Leistung
- kurzer Updatezeitraum
- Kameras nur unter Idealbedingungen gut
- dunkles Display
Als Grundschüler saß ich noch mit vielen Mitschülern bei einem Freund im Wohnzimmer, um auf der Super NES zu spielen. Inzwischen bekomme ich die neueste Technik direkt in die Hände und teste sie für euch. In den letzten Jahren bei Curved, Computer Bild und Netzwelt, nun bei Digitec und Galaxus.