LGs OLED Evo G4 im Test: das bisher stärkste Meta-Game
Fast jährlich ist man versucht, das unvermeidbare Ende der LG-OLED-Vorherrschaft zu prophezeien. Zumindest, seit Samsung endlich auch die OLED-Szene aufmischt. Bisher ist noch nichts aus der Prophezeiung geworden – daran wird sich auch dieses Jahr nichts ändern.
Full Disclosure: Der Fernseher, die 65-Zoll-Version des G4, wurde mir von LG zum Testen zur Verfügung gestellt. Ich möchte betonen, dass ich meine Tests unabhängig durchführe und LG keinerlei Einfluss auf das Testergebnis oder meine Bewertung hat.
Zum Start ein kurzes Recap: LG gilt im Kampf um die OLED-Fernseh-Vorherrschaft seit Jahren als jener Endgegner, den es zu schlagen gilt. Der südkoreanische Techgigant baut OLED-TV-Displays nämlich nicht nur für sich, sondern auch für alle anderen. Das gibt ihm nicht nur Marktmacht, sondern auch einen technologischen Vorsprung.
Seit 2022 trumpft aber auch Samsung mit einer eigenen OLED-Technologie auf: QD-OLED. Das QD steht für Quantum Dots und bezieht sich auf jene Schicht, die für besonders hohe Farbreinheit sorgt. Das funktioniert so gut, dass auch Hersteller wie etwa Sony oder Alienware zunehmend bei Samsung QD-OLED-Displays einkaufen und in ihren Panels verbauen.
LG bleibt seitdem nur die Flucht nach vorne. Dafür stieg der TV-Hersteller vergangenes Jahr mit zwei neuen Verbesserungen in den Ring:
- Mit einer neuen Mikrolinsen-Schicht (MLA) im OLED-Panel.
- Mit einem verbesserten Algorithmus für noch mehr Spitzenhelligkeit.
Zusammen bilden sie das Fundament der Meta Technology. Ihr Zweck besteht darin, zu Samsungs QD-OLED-Technologie aufzuschliessen. Das wäre LG mit dem G3 vergangenes Jahr auch gelungen, zumindest in meinem Test, hätte Sonys A95L am Ende nicht die Nase knapp vorn gehabt – mit einem QD-OLED-Display von Samsung im Gehäuse.
Dieses Jahr schickt LG mit dem G4 eine verbesserte Version der alten Prinzipien ins Rennen: Meta heisst jetzt Meta 2.0, soll eine noch bessere Mikrolinsen-Schicht haben und einen stark verbesserten Algorithmus. Ob es für die Spitzenposition reichen wird?
Design: Flach und rechteckig, aber mit neuem Standfuss
Das «G» in G4 steht für «Gallery»-Design. Denn der G4 könnte in einer Galerie an der Wand hängen. Entsprechend die Form des TVs: Er ist gleichmässig dick. In Zahlen: 2,4 Zentimeter. So soll (zum Zeitpunkt dieses Reviews) die Illusion eines 3499 Franken teuren Wandgemäldes entstehen.
Problematisch wird’s nur, wenn du keine Wand zum Aufhängen hast. Oder den TV schlichtweg nicht aufhängen willst. Zum Glück liefert LG dieses Jahr auch einen Standfuss mit, wenn du bei uns im Shop die Variante mit «G49» im Produktnamen in den Warenkorb legst. Bravo! Das ging früher zwar auch, bedeutete für dich aber einen Aufpreis von etwa 200 Franken. Und nein: Der Grundpreis des G4 ist dafür nicht um denselben Betrag gestiegen. Im Gegenteil. Das Vorjahresmodell, der G3, kostete anfangs sogar 3600 Franken – ohne Standfuss.
Zwischen der unteren Fernseherkante und dem TV-Möbel sind dann etwas mehr als acht Zentimeter Platz. Auch das ist mehr als im Vorjahr. Gut so: Das sollte den meisten Soundbars genug Platz geben, um direkt unter dem TV positioniert zu werden. Ist der Infrarot-Sensor für die Fernbedienung nämlich von der Soundbar bedeckt, wird das Ein- und Ausschalten des Fernsehers zum Krampf.
Ansonsten bleibt LG seinem «Gallery»-Design treu und präsentiert einen modernen, schlanken Fernseher mit schmalen Rändern und ohne unnötigen Schnickschnack. Dazu der elegante Alurahmen an der Vorderseite. Auf der Rückseite versteckt die praktische Plastik-Abdeckplatte die Anschlüsse und unterstützt die Kabelführung zum Standfuss, dessen Bodenplatte etwa 500×250mm misst. Frontal betrachtet verschwinden die Kabel so fast spurlos. Insgesamt ein sehr gelungenes Design.
Zu den Specs. LGs G4 bietet Folgendes:
- 4x HDMI-2.1-Anschlüsse
- Einer davon mit eARC (HDMI 2)
- 3x USB-2.0-Port
- 1x Ausgang für Toslink
- 1x LAN-Port
- 1x CI-Slot
- Antennenanschlüsse
- Bluetooth 5.1
- WLAN (Wi-Fi 6 / 802.11ax)
- Kompatibel mit Apple AirPlay 2, Apple HomeKit, Google Home und Amazon Echo
Alle vier HDMI-Eingänge unterstützen HLG, HDR10 und Dolby Vision. Einzig HDR10+ fehlt. Schade. Aber dessen Verbreitung ist sowieso sehr klein: Bis heute habe ich nur auf Amazon Prime Video vereinzelte HDR10+-Inhalte gesehen. Sehr positiv ist dafür die Passthrough-Funktion von Dolby-Atmos- und DTS-5.1-Audiosignalen. Diese benötigst du, wenn du ein externes Gerät als Zuspieler benutzt. Einen UHD-Blu-Ray-Player zum Beispiel. Ob die Passthrough-Funktion auch bei DTS:X funktioniert, konnte ich leider nicht testen, weil meine Soundbar – eine Sonos Arc – nur maximal DTS 5.1 Surround unterstützt.
Noch ein Wort zum Gewicht. Der Fernseher ist ohne Standfuss 23,8 Kilogramm schwer. Falls du den Fernseher an die Wand montieren willst, benötigst du deshalb eine VESA-300×300mm-Halterung. Die findest du bei uns hier im Shop. Oder du legst direkt einen G4 mit der Bezeichnung «G48» im Produktnamen in den Warenkorb.
Messungen: Ein solider Start – aber der Quantensprung bleibt dieses Jahr aus
Was jetzt kommt, geht tief in die Materie. Ich messe mit professionellem Werkzeug von Portrait Display, um eine objektive Einordnung der Bildqualität zu erhalten. Falls dich Details und Diagramme nicht interessieren, kannst du die folgende Kurzversion lesen und danach zum Kapitel «Das Bild» scrollen.
Die wichtigsten Erkenntnisse in Kürze:
- Helligkeit: Die Spitzenhelligkeit ist dank Meta-2.0-Booster zwar hoch, aber nur in sehr kleinen Testfenstern. Die Gesamthelligkeit bei einem weissen Bild ist in der OLED-Norm.
- Kontrast: Der Kontrast ist hervorragend, der Schwarzwert OLED-typisch perfekt.
- Farbraumabdeckung: Der G4 deckt sowohl die gängigsten SDR- als auch HDR-Farbräume extrem gut ab. Das sorgt für ein natürliches Bild.
- Farbtreue: Die Farbtreue ist im Standard-Modus erwartungsgemäss mies, im Kino-Home-Bildmodus dafür hervorragend. Nur in hellen Bildbereichen kommt es zu einem leichten Rotstich, der kaum sichtbar ist.
- Reflexionen: LGs G4 geht sehr gut mit Umgebungslicht um und lässt sich auch gut in hellen Räumen einsetzen. Abends sind Reflexionen selten ein Problem.
Zu den Messungen. Ich habe alle Bildschirm-Modi des Fernsehers ausgemessen, ohne eine Kalibrierung vorzunehmen – so, wie das Gerät halt aus der Verpackung kommt. An den Standard-Einstellungen habe ich nur wenige Änderungen vorgenommen:
- Helligkeit: Grösste Helligkeit auf «Hoch», um das Maximum an Spitzenhelligkeit aus den OLEDs zu kitzeln, und Ausdrucksverstärkung auf «Details», damit das Bild noch etwas knackiger wirkt.
- Klarheit: Rauschunterdrückung und MPEG-Rauschunterdrückung auf «Automatisch», TruMotion auf «Natürlich»; LGs Alpha-11-Prozessor entscheidet gut, wann das Bild verrauscht ist und korrigiert werden muss, ohne zu weich zu wirken. Dazu glatte Abstufung auf «Aus» bei SDR-Inhalten und auf «Mittel» bei HDR-Inhalten. Das sorgt für weiche Farbverläufe ohne sichtbare Abstufungen.
- Alle Energiesparregler und automatische Helligkeitsregler habe ich ausgeschaltet.
Die besten Messwerte bei allen Arten von Inhalten hat der Kino-Home-Modus erzielt. Egal ob bei SDR-, HDR- oder Dolby-Vision-Inhalten. Die unten aufgeführten Messungen beziehen sich darum stets darauf. Ausser beim Gamen, dafür solltest du immer den Gaming-Modus nehmen.
Die maximale Helligkeit
Anfang Jahr kündigte LG an, mit der verbesserten Meta-2.0-Technologie die maximal mögliche Helligkeit bei OLED-Fernseher neu definieren zu wollen. Von sagenhaften 3000 Nit Spitzenhelligkeit war da die Rede. Zumindest beim 77-Zoll-Modell. Das sind fast 1000 Nit mehr als im Vorjahr – und LCD-Niveau. Locker.
Von solchen fantastischen Werten ist im Test nichts zu sehen. Das klingt allerdings negativer, als ich es meine.
Fassen wir die Meta-Technologie kurz zusammen: Tausende konvexe Mikrolinsen sorgen dafür, dass das von den LEDs erzeugte Licht gebündelt und verstärkt wird. Der Meta-Booster, ein Algorithmus, verstärkt hingegen die maximale Helligkeit. Dazu kommt ein zusätzlicher Kühlkörper und eine Deuterium-Zusammensetzung des Panels, die besonders hitzeresistent ist. Dadurch kann das Display noch heller strahlen, ohne zu überhitzen und das Burn-In-Risiko zu erhöhen.
LG versprach, grosse Datenmengen zur bisherigen MLA-Technologie analysiert und den Winkel der Linsen optimiert zu haben. Dazu soll der Meta-2.0-Booster-Algorithmus deutlich leistungsfähiger geworden sein – auch dank dem neuen Alpha-11-Chipset. Im Vergleich zum Vorjahresmodell, dem G3, ist die Verbesserung von etwa 50 Nit im Kino-Home-Modus zwar recht überschaubar. Trotzdem ist das Nörgeln auf verdammt hohem Niveau: LGs G4 strahlt heller als der bisher hellste Platzhirsch von Sony. Wenn auch nur knapp.
Messe ich hingegen im «Lebhaft»-Modus – dem hellsten, aber mit Abstand am schlechtesten kalibrierten Modus des Fernsehers –, kommt das Messgerät sogar auf 2226 Nit Spitzenhelligkeit. Das sind deutlich mehr als die 1863 Nit, die ich vergangenes Jahr im «Lebhaft»-Modus des G3 gemessen habe. Gut möglich, dass die 77-Zoll-Version des TVs sogar noch heller strahlt – und damit näher an die von LG versprochenen 3000 Nit kommt.
Weissabgleich, Farben und Grautöne
Schauen wir uns an, wie gut LGs neues Flaggschiff Weiss, Farben und Grautöne abbildet. Das will ich in drei Fragen beantworten:
- EOTF und Weissabgleich: Wie akkurat stellt der Fernseher neutrale Grautöne dar?
- Farbraumabdeckung: Wie viele Farben kann der Fernseher darstellen?
- Farbtreue: Wie genau trifft der Fernseher die Farben?
Jedes Pixel im G4 besteht aus einem roten, grünen, blauen und weissen Subpixel. Weiss entsteht, wenn sie alle gleichzeitig und gleich stark strahlen. Die volle Helligkeit erzeugt das hellste Weiss. Die niedrigste Helligkeit hingegen das dunkelste Weiss – also Schwarz. Dazwischen befinden sich demnach unterschiedlich helle Grautöne. Darum redet man im Englischen auch von der Grayscale-Messung.
Je grösser der Unterschied zwischen dem hellsten und dunkelsten Bildpunkt, desto besser die Kontrastwerte. Eine Kontrastmessung spare ich mir aber, denn wie alle OLEDs kann LGs G4 einzelne Pixel komplett ausschalten. Damit tendiert das Kontrastverhältnis gegen unendlich.
Die Grayscale-Messung von LGs G4 ist überzeugend. Vom angepeilten Sollwert weichen die Grautöne nur ein wenig ab: Ich messe ein durchschnittliches DeltaE von gerade mal 1,1 – auch wenn in helleren Grautönen der Rotanteil etwas zu hoch und der Blauanteil etwas zu tief ist. Fürs ungeübte Auge ist die Abweichung allerdings kaum sichtbar. Zum Vergleich: Sonys A95L erreichte bei der Grayscale-Messung ein DeltaE von 2,55. LGs Vorgänger, der G3, ein DeltaE von 3,19.
Bei der Abdeckung der Farbräume messe ich:
- Rec. 709: 100 % (gut = 100 %) – der Standard-Farbraum für SDR-Inhalte wie Live-TV, DVDs und Blu-Rays.
- DCI-P3: 96,58 % (gut = >90 %) – der Standard-Farbraum für HDR-Inhalte, zum Beispiel in HDR10 oder Dolby Vision.
- BT.2020: 71,64 % (gut = >90 %) – der Farbraum der Zukunft. Aktuelle Inhalte nutzen ihn kaum bis nie.
Der G4 kommt beim wichtigen Farbraum DCI-P3 auf ausgezeichnete 96,58 Prozent Abdeckung. Das ist zwar etwas weniger als die 98,67 Prozent Abdeckung, die der G3 vergangenes Jahr erreicht hat. Oder die 99,78 Prozent des A95L von Sony. Aber in der Praxis macht das keinen sichtbaren Unterschied.
Bei der Abdeckung des sehr grossen BT.2020-Farbraums schneidet LGs OLED-Fernseher mit 71,64 Prozent dafür etwas weniger gut ab. Stand heute schaffen aber nur QD-OLED-Fernseher die angepeilten 90 Prozent Abdeckung beim BT.2020-Farbraum. Darum kalibriert die Film- und Serienindustrie ihre HDR-Inhalte im viel weiter verbreiteten DCI-P3-Farbraum; Das Ausmass der BT.2020-Abdeckung ist mehr ein Indikator für die Zukunftstauglichkeit des Fernsehers.
Zur zweiten Frage: der Farbtreue. Sie beschreibt, wie akkurat Farben dargestellt werden. Wie schon bei den Graustufen wird die Abweichung vom Fernseher zum Referenzwert als DeltaE bezeichnet. Die weissen Kästchen zeigen die vom Testbildgenerator an den Fernseher gesendeten Referenzfarben an. Die schwarzen Kreise hingegen die tatsächlich gemessenen Farben.
Die Messungen sind ausgezeichnet. LGs G4 hat im Kino-Home-Modus nämlich nicht nur eine von Haus aus gute Farbtreue. Sie ist beinahe referenzwürdig! Bei insgesamt 40 Messwerten bekomme ich nämlich ein durchschnittliches DeltaE von sehr guten 2,95. Das liegt knapp unter dem angepeilten DeltaE-Wert von 3, bei dem nur Profis die Abweichung zu einem Referenzmonitor mit blossem Auge erkennen. Im Game-Mode kommt der G4 auf ein DeltaE von ebenfalls sehr guten 3,44.
Zum Vergleich: LGs G3 erreichte bei der Messung der Farbtreue gar ein DeltaE von 1,97. Schade ist der G4 etwas darüber, auch wenn der Unterschied sogar für Profis schwer zu erkennen ist. Sonys A95L hingegen hat ein DeltaE von «nur» 4,16.
Reflexionen
Per se messbar sind Reflexionen auf dem Bildschirm nicht. Trotzdem ist es wichtig, in Tests auf sie einzugehen. Zum Vergleich nehme ich ein Bild von meinem Test mit dem letztjährigen Spitzen-TV, Sonys A95L. Die Fotos sind um die Mittagszeit herum entstanden und ohne den Versuch, das Zimmer extra abzudunkeln.
Beide Fernseher spiegeln erstaunlich wenig, selbst tagsüber. Zusammen mit der deutlich verbesserten Gesamthelligkeit im Vergleich zu früheren Jahren wage ich es zu behaupten, dass beide Fernseher auch in hellen Räumen gut zur Geltung kommen.
Abends, wenn es im Raum dunkler ist, sind Spiegelungen sowieso kein Problem mehr. Beim Fernseher von Sony ist allerdings die leicht lilafarbene Reflexion des Umgebungslichts zu erkennen. Das liegt daran, dass sein QD-OLED-Panel keinen Polarisationsfilter hat, der gewisse Lichtwellen blockt. LGs herkömmlicher OLED-Panel hingegen schon. Im direkten Vergleich sieht er darum schwärzer aus.
Das Bild: OLED-würdiges Referenzmaterial mit gewohnt starkem Prozessor
Sehr helles Bild. Exzellente Farbtreue aus der Verpackung und ohne Kalibrierung. Theoretisch. Wie sieht’s in der Praxis aus? Ich habe LGs G4 mit seinem Vorgängermodell, dem G3, und dem letztjährigen Spitzen-TV, Sonys A95L, verglichen.
Farbwiedergabe
Will ich einen Fernseher auf seine Farbwiedergabe testen, greife ich auf «Guardians of the Galaxy, Vol. 2» zurück. Besonders auf diese Szene: Sie zeichnet feinste Details am Himmel, ohne sie zu überstrahlen, hat den gewissen Punch im Bild, den ich an OLED-Displays – ob mit oder ohne «QD» vorne dran – so mag und Egos goldener Palast knallt im gesättigten Abendrot. LGs G4 trifft dabei die Intention des Regisseurs, die kitschige «Golden Hour» des Planeten einzufangen, perfekt.
Besonders gut gefallen mir die warmen, rötlichen Hauttöne, die bei LGs Vorgängerversion etwas gar gelblich daherkommen. Bei Sonys QD-OLED-Panel sehen gerade die Hauttöne dafür etwas natürlicher aus. Unterschiede, die allerdings nur wenig auffallen.
Um für etwas Abwechslung zu sorgen, habe ich noch eine Szene aus «Avatar: The Way of Water» zum Testen eingefügt, wo Grün- und vor allem Blautöne dominieren. Vor allem beim bläulichen Hautton der naturverbundenen Na’vi fällt rasch auf, dass LGs G4 nicht denselben Grünstich wie sein Vorgänger, aber dafür mehr Dynamik hat. Im Vergleich zu Sonys A95L wirkt das Bild ein bisschen weniger satt. Ich mag mich aber fast nicht entscheiden, ob LGs Bild mir gerade deswegen sogar besser gefällt. Geschmacksfrage, schätze ich.
Etwas einfacher fällt es mir, bei «James Bond – Skyfall» ein Urteil zu fällen, als James und der junge Quartiermeister Q in einem Kunstmuseum das Bild eines stolzen, alten Schlachtschiffs betrachten, das schmachvoll auf den Schrott geschleppt wird. Natürlich eine Anspielung auf den alternden Geheimagenten, der es aber immer noch wissen will.
Hier überzeugt mich das Bild des G4 am meisten – und das, obwohl LGs G3 definitiv am natürlichsten wirkt. Zumindest, wenn ich nur auf die Hauttöne achte. Der G4 hat hier aber einen schönen, angenehmen und warmen Ton, der mich persönlich am meisten anspricht. Sonys A95L folgt dicht auf den zweiten Platz.
Black Crush und Shadow Details
Wie schlägt sich LG bei dunklen Szenen? Für diesen Test kommt die erste Szene aus «Blade Runner 2049» zum Zug. LGs und Sonys (QD-)OLED-Fernseher zeichnen ein wunderbar dunkles Bild. Filmst du nämlich im Gegenlicht, ist es normal, dass Details in schwarzen Silhouetten «verschluckt» werden – Black Crush genannt. Die beiden LG-Modelle haben mehr davon als Sonys A95L. Könnte so beabsichtigt sein. Könnte aber auch am QD-OLED-Panel liegen.
Helligkeitsabstufungen
Ein letzter Bildtest: Detailwiedergabe in hellen Bildbereichen. Achte im folgenden «Jurassic World»-Beispiel beim G4 auf die Sonne im Hintergrund: Selbst in so einem hellen Bildbereich sind die Abstufungen zwischen den einzelnen Orangetönen am Himmel noch so fein, dass die Sonne locker als Kugel am Firmament zu erkennen ist. Genau in solchen Szenen kommt es zum Tragen, dass ich in den Klarheits-Einstellungen bei HDR-Inhalten glatte Abstufung auf «Mittel» gestellt habe.
Falls du dich fragst: Bei SDR-Inhalten unterdrücke ich die glatten Abstufungen bewusst. Beim Fussball-Gucken zum Beispiel kam es dazu, dass die Grüntöne im Rasen so glatt abgestuft wurden, dass es sämtliche Details darin verwischte – inklusive Grashalme! Statt auf dem Rasen spielten die Spieler plötzlich auf grünen, glatten Flächen. Leider kann ich kein Beispiel zeigen, weil Youtubes Lizenzregeln äusserst streng sind.
Der Prozessor: Auf gewohnt starkem Niveau
Der Prozessor ist das Gehirn des Fernsehers. Seine Hauptaufgabe besteht darin, Bildsignale zu empfangen, zu verarbeiten und darzustellen. Verarbeiten heisst, dass der Prozessor schlechte Bildqualität erkennt und sie aufwertet. Dies, indem er zum Beispiel Rauschen entfernt, Farben verstärkt, Kanten glättet, Bewegungen flüssiger macht und allfällige fehlende Pixel-Informationen dazurechnet.
Motion Processing und Judder
Zum Start mache ich es dem Prozessor gleich richtig schwer. Konkret: Judder, ein Phänomen, das alle TVs haben. Besonders bei langen Kameraschwenks. Sam Mendes’ «1917» ist voller solcher gleichmässigen, langsam fliessenden Kamerabewegungen und damit perfekt für den Judder-Test. Achte beim Vergleich vor allem darauf, ob die vertikalen Balken in der Scheune flüssig durchs Bild laufen oder ins «Stottern» kommen.
Auch dieses Jahr zeigt LG dank dem neuen Alpha-11-Prozessor, wo der Hammer hängt: Von Judder ist kaum eine Spur zu sehen. Zur Erinnerung: In den Einstellungen unter «Klarheit» habe ich die TruMotion-Einstellung auf «Natürliches Bild» gestellt – für mich der Sweet Spot zwischen flüssigem Bild und Kinofeeling. Gerade letzteres scheint Sonys Prozessor nämlich deutlich zu bevorzugen: Ein Film, so der Gedanke Sonys, muss ruckeln, selbst nach der Justierung im TV-Menü. Wie früher im Kino halt, vor dem digitalen Zeitalter. Mir ist das trotzdem zu viel Geruckel.
Nächste Szene aus «1917». Auch hier sorgt Mendes’ Kameraarbeit für eine immense Herausforderung für die meisten Prozessoren. Gerade bei harten Kanten vor verschwommenem Hintergrund, etwa um die Helme der beiden Soldaten herum. Dort müssen sowohl der Prozessor als auch die Pixel unheimlich schnell reagieren.
Sonys Prozessor – im dritten Vergleich – schlägt sich sehr gut, auch wenn er die Muskeln nicht ganz so stark spielen lässt wie LGs Alpha 11 im G4 oder Alpha 9 im G3. Aber das ist Reklamieren auf hohem Niveau: Das Bild fliesst, wirkt aber nie unnatürlich.
Reaktionszeit der Pixel
Als Nächstes das Apple Original «For All Mankind». Ich will sehen, wie lange ein einzelnes Pixel braucht, um seine Farbe zu wechseln. Passiert das nicht schnell genug, sieht’s für dich so aus, als ob das Bild Schlieren ziehen würde – der Effekt wird «Ghosting» genannt. Achte beim Kameraschwenk über die Mondoberfläche auf den unten links eingeblendeten Text.
Probleme? Mitnichten. Zumindest nicht bei LG und Sony, wo die eingeblendeten Texte stets scharf bleiben. Damit du aber mal siehst, wie das Geschmiere aussieht, das ich meine, habe ich am Ende noch einen Vergleich mit TCLs C82-Modell eingefügt. Fairerweise muss gesagt werden, dass es sich um einen zwei Jahre älteren TV handelt. Das Beispiel dient darum bloss zur Veranschaulichung. TCL hat sich mit seinen Nachfolge-Modellen seitdem deutlich verbessert.
Dieses Beispiel zeigt übrigens auch die für OLED-Fernseher typisch ausgezeichneten Pixel-Reaktionszeiten. Darum gelten sie auch als exquisite Gaming-Monitore. LCD-Fernseher – etwa jener TCL C82 – sind in diesem Punkt meistens im Nachteil.
Upscaling
Jetzt der schwierigste Test. Hier will ich sehen, wie gut der Prozessor qualitativ weniger hochwertige Quellen hochskaliert. Blu-rays oder das gute alte Live-Fernsehen zum Beispiel. Oder «The Walking Dead». Die Serie ist bewusst auf 16mm-Film aufgenommen worden, um mit einer altmodischen Körnung samt Bildrauschen das Gefühl einer kaputten, postapokalyptischen Welt zu erzeugen.
LGs Alpha 11 macht auch hier eine gewohnt ausgezeichnete Figur. Gewohnt, weil LGs Prozessoren schon in vergangenen Jahren besonders gut im Aufwerten minderwertiger Quellen waren. Sprich: Das Bild ist scharf gezeichnet, angenehm warm, satt und trotzdem natürlich. Dazu fast kein Bildrauschen oder Kompressions-Artefakte. Im Dreiervergleich mit Sony macht LG den besseren Job. Das siehst du gut, wenn du das Video unten pausierst und genau auf die dunkle Fläche zwischen den beiden verfeindeten Männern achtest.
Gaming: Input Lag und Game Mode
Beim Messen der Farbkorrektheit im Gaming Mode komme ich auf ein durchschnittliches Delta E von sehr guten 3,44 (lies oben bei «Weissabgleich, Farben und Grautöne» nach, falls dich das Thema im Detail interessiert). Das ist einer der besten Werte, die ich im Gaming Mode eines Fernsehers je gemessen habe – auch besser als beim G3.
Zum Input-Lag, also der Eingabeverzögerung: Mit dem Messgerät von «Leo Bodnar» messe ich einen durchschnittlichen Input Lag von sehr guten 9,8 Millisekunden bei einem UHD-Bild mit 60 Bildern pro Sekunde und aktiviertem HDR. Auch hier eine Verbesserung gegenüber LGs G3 mit seinem älteren Alpha-9-Prozessor. Darüber hinaus unterstützt der Fernseher alle für Gamer relevanten Features:
- 4x HDMI-2.1-Anschlüsse (4K120Hz mit Konsole oder 4K144Hz mit PC)
- Auto Low Latency Mode (ALLM)
- Quality Motion Smoothing (QMS)
- Variable Bildraten (Nvidia G-Sync, AMD Freesync Premium und HDMI Forum VRR)
Dazu ist LG – genauso wie Samsung, Sony, Philips, TCL und Panasonic – eine Partnerschaft mit grossen Spielestudios eingegangen. Das Ergebnis: HGiG – HDR Gaming Interest Group. Damit soll laut Hersteller sichergestellt sein, dass HDR so angezeigt wird, wie es die Spieleentwickler vorgesehen haben. Etwa beim Zocken von «Spider-Man 2» auf meiner Playstation 5.
Was LG da zaubert, ist eine Augenweide. Mit stabilen 120 Frames pro Sekunde schwinge ich mich halsbrecherisch durch die Häuserschluchten, überwältige meine Gegner in hitzigen Kämpfen dank kaum spürbaren Input-Lags oder geniesse das befreiende Gleiten über den Dächern New Yorks. Absolut brillante Farben, perfekte Kontraste, bei denen Schwarz auch wirklich schwarz ist, scharfe Kanten und ein Bild, das auch bei schnellen und ruckeligen Kameraschwenks nicht schmiert, runden das Bild ab.
So sieht ein guter Gaming Mode aus.
Smart OS: webOS
LG setzt seit jeher auf webOS, das 2021 komplett überarbeitet wurde und seitdem stark an die alte Version von Google TV erinnert – nicht zu meiner Freude. Das alte webOS war schlicht und schlank. Beim Druck auf die Hometaste öffnete sich nur eine App-Leiste am unteren Bildschirmrand. Jetzt öffnet sich ein ganzes Fenster voller Kacheln. Das wirkt voll und überladen, gehört mittlerweile aber bei allen Herstellern zur Norm.
Immerhin verzichtet LG mit der aktuellen Version – webOS 24 – darauf, die nervigen und nie zutreffenden Film- und Serien-Empfehlungen prominent an oberster Stelle zu platzieren. Stattdessen sind da jetzt einfach die installierten Apps.
Weiter nach unten scrolle ich selten. Eigentlich verwende ich auch das Home-Fenster fast nie, weil die gängigsten Streamingdienste wie Netflix, Disney+ oder Prime schon einen eigenen Button auf der Fernbedienung haben. Apps wie Youtube oder Plex weise ich stattdessen einfach einer Zahlentaste auf der Fernbedienung zu (einfach lange auf eine Zahl drücken, wenn du in der entsprechenden App bist – voilà, schon ist die App zugewiesen). So brauche ich das Home-Menü nur noch, um den App-Store zu öffnen, falls mir eine App noch fehlt.
Ansonsten fühlt sich das Navigieren durch die Einstellungen und Apps stets flüssig und reaktiv an – dank gutem Prozessor. Ausnahmen sind die schlecht programmierten Apps von Amazon und Sky. Dafür kann LG aber nichts; die Apps laufen auf allen Fernsehern etwas zäh.
Fazit
Spitzenplatz – doch für wie lange?
Das Ende von LGs älterer, aber dafür ausgereiften (W)OLED-Technologie scheint noch immer nicht gekommen zu sein. Dafür sorgen die Südkoreaner mit der verbesserten Version der META-Technologie. Diese besteht aus konvexen Mikrolinsen, die erzeugtes Licht bündeln und verstärken, und einem verbesserten Algorithmus – dem META-Booster –, der punktuell die maximale Helligkeit erhöht. Zusammen ergibt das einen der hellsten OLED-Fernseher, den ich je getestet habe.
Auch sonst zeigt sich LG von seiner besten Seite: OLED-typisch perfekte Schwarzwerte treffen auf brillante und akkurate Farben mit bemerkenswert hoher Farbtreue, direkt aus der Verpackung und ohne Kalibrierung. Dazu ein stark verbesserter Prozessor mit ausgezeichneten Upscaling-Fähigkeiten. Ein Traum von einem Fernseher, wenn auch ein teurer.
Pro
- Perfekte OLED-Schwarzwerte
- Sehr gute Helligkeit für OLED-Fernseher
- Sehr gute Farbraumabdeckung und Farbtreue
- Gute Handhabe von Reflexionen
- Sehr leistungsstarker Prozessor für Upscaling
- Passthrough-Funktion für Dolby-Atmos- und DTS-Audio
Contra
- Kleines Burn-In-Risiko bei statischen Inhalten
Abenteuer in der Natur zu erleben und mit Sport an meine Grenzen zu gehen, bis der eigene Puls zum Beat wird — das ist meine Komfortzone. Zum Ausgleich geniesse ich auch die ruhigen Momente mit einem guten Buch über gefährliche Intrigen und finstere Königsmörder. Manchmal schwärme ich für Filmmusik, minutenlang. Hängt wohl mit meiner ausgeprägten Leidenschaft fürs Kino zusammen. Was ich immer schon sagen wollte: «Ich bin Groot.»