OLED Evo G3 im Test: LG erobert die Spitzenposition zurück
LG dominierte lange Zeit den OLED-TV-Markt. Dann trumpfte Samsung mit QD-OLED auf. Die zwischenzeitliche Machtverschiebung könnte aber bereits wieder vorbei sein: Denn LGs OLED Evo G3 ist schlichtweg grandios.
Für LG muss 2022 eine Schmach gewesen sein. Seine OLED-Sparte musste sich nämlich von jener Konkurrenz schlagen lassen, die jahrelang nichts von OLED-Displays bei Fernsehern wissen wollte: Samsung. Ausgerechnet. Kein Wunder, soll dieses Jahr postwendend das grosse Comeback gelingen. Dafür steigt LG mit zwei neuen Verbesserungen in den Ring:
- Mit einer neuen Mikrolinsen-Schicht (MLA) im OLED-Panel.
- Mit einem verbesserten Algorithmus für noch mehr Spitzenhelligkeit.
Zusammen bilden sie das Fundament der META Technology, so der klangvolle Marketingbegriff, der weniger mit Marketing zu tun hat als gedacht. Denn METAs Zweck besteht darin, die Helligkeit des Panels zu erhöhen. Deutlich zu erhöhen. Damit will LG nicht nur zu Samsung aufholen, sondern seinen Konkurrenten überholen. Noch vor einem Jahr hätte ich LG dafür schlechte Chancen gegeben. Schliesslich hält Samsung mit seinen (QD-)OLED-Panels die Zukunft in Händen. LGs ältere, aber an ihre Grenzen stossende (W)OLED-Technologie hingegen würde langsam aber sicher abgelöst werden.
Oh, was lag ich falsch.
Full Disclosure: Der Fernseher, die 65-Zoll-Version des G3, wurde mir von LG zum Testen zur Verfügung gestellt.
Design: Noch immer flach und rechteckig
Das «G» in G3 steht für «Gallery»-Design. Denn der G3 gehört eigentlich an die Wand gehängt, wie ein Bild in einer Galerie. Entsprechend die Form des TVs: Er ist gleichmässig dick. In Zahlen: 2,4 Zentimeter. So soll (zum Zeitpunkt dieses Reviews) die Illusion eines 3600 Franken teuren Wandgemäldes entstehen. Ein echter Hammer, den sich wohl nur TV-Enthusiasten geben werden.
Wenn du so einer bist und du den Fernseher wie bei mir Zuhause vor eine Fensterfront stellen willst, könntest du aber in ein Keine-Wand-vorhanden-Problem rennen. Zum Glück gibt’s dafür Abhilfe in Form von separat erhältlichen Standfüssen. Kostenpunkt: etwa 200 Franken. Problem gelöst. Zwischen der unteren Fernseherkante und dem TV-Möbel sind dann etwas mehr als fünf Zentimeter. Das kann bei einigen Soundbars – etwa Sonys HT-A7000, die ich vergangenes Jahr getestet habe – zum Problem werden: Ist der Infrarot-Sensor für die Fernbedienung bedeckt, wird das Ein- und Ausschalten des Fernsehers zum Krampf.
Ansonsten bleibt LG seinem Gallery-Design treu und präsentiert einen modernen, schlanken Fernseher mit schmalen Rändern und ohne unnötigen Schnickschnack. Dazu der elegante Alurahmen an der Vorderseite. Wirkt edel. Und auf der Rückseite versteckt die praktische Plastik-Abdeckplatte die Anschlüsse und unterstützt die Kabelführung. Insgesamt ein wie immer solides Design.
Zu den Specs. LGs G3 bietet Folgendes:
- 4x HDMI-2.1-Anschlüsse (4K120Hz, ALLM, QMS, FreeSync Premium Pro und HDMI Forum VRR)
- Einer davon mit eARC (HDMI 2)
- 3x USB-2.0-Port
- 1x Ausgang für Toslink
- 1x LAN-Port
- 1x CI-Slot
- Antennenanschlüsse
- Bluetooth 5.0
- Kompatibel mit Apple AirPlay 2, Apple HomeKit, Google Home und Amazon Echo
Alle vier HDMI-Eingänge unterstützen HLG, HDR10 und Dolby Vision. Einzig HDR10+ fehlt. Schade. Aber dessen Verbreitung ist sowieso sehr klein: Bis heute habe ich nur auf Amazon Prime Video vereinzelte HDR10+-Inhalte gesehen. Sehr positiv ist dafür die Passthrough-Funktion von Dolby-Atmos- und DTS-5.1-Audiosignalen. Das benötigst du dann, wenn du ein externes Gerät als Zuspieler benutzt. Einen UHD-Blu-Ray-Player zum Beispiel. Ob die Passthrough-Funktion auch bei DTS:X funktioniert, konnte ich leider nicht testen, weil meine Soundbar – eine Sonos Arc – nur maximal DTS 5.1 Surround unterstützt.
Noch ein Wort zum Gewicht. Der Fernseher ist ohne Standfuss 23,9 Kilogramm schwer. Falls du den Fernseher an die Wand montieren willst, benötigst du deshalb eine VESA-300×300mm-Halterung. Die befindet sich bei der G-Serie aber bereits im Lieferumfang. Nur den Standfuss müsstest du dazukaufen, falls du einen brauchst. Mit dem Standfuss ist der Fernseher 28,1 Kilogramm schwer.
Messungen: Der LG G3 überholt Samsungs letztjährige QD-OLED-Panels
Was jetzt kommt, geht tief in die Materie. Falls dich Tabellen und Diagramme nicht interessieren, kannst du das alles überspringen und direkt zum Kapitel «Das Bild: OLED-würdiges Referenzmaterial mit gewohnt starkem Prozessor» scrollen. Ab dort kommen meine subjektiven Eindrücke mit ganz viel Videomaterial.
Ich habe alle Bildschirm-Modi des Fernsehers mit professionellem Werkzeug von «Portrait Displays» ausgemessen. Von «Standard» über «Kino» bis zu «Dolby Vision Kino Home», ohne Kalibrierung und manuelle Veränderungen in den Einstellungen. So, wie die meisten Normalsterblichen einen Fernseher benutzen. Schliesslich willst du ja wissen, ob ein Fernseher auch ohne teure und professionelle Kalibrierung akkurat und farbtreu ist. Die einzige Veränderung, die ich vorgenommen habe, ist in allen Bildmodi die «Maximale Helligkeit» auf «Hoch» zu stellen.
Die besten Werte bei allen Arten von Inhalten – ausser beim Gamen, dafür solltest du immer den «Game-Mode» nehmen – erzielte der «HDR Kino Home»-Modus. Die unten aufgeführten Messungen beziehen sich darum stets darauf.
Die maximale Helligkeit
Als LG anfang Jahr an der CES 2023 in Las Vegas ankündigte, mit seinen diesjährigen Evo-Panels die maximal mögliche Helligkeit bei OLED-Fernseher neu definieren zu wollen, staunte ich nicht schlecht. Von sagenhaften 2100 Nit Spitzenhelligkeit war da die Rede. Das ist LCD-Niveau. Locker. Wer vor einem Jahr mit solchen Versprechungen um sich geworfen hätte, wäre für verrückt erklärt worden.
Aber LG ist nicht verrückt. Sondern genial. Mit einer neu hinzugefügten Schicht im Panel – der Micro Lens Array (MLA) – sorgen konvexe Mikrolinsen dafür, dass das erzeugte Licht gebündelt und verstärkt wird. LG redet gar von 5000 Linsen pro Pixel. Rechnen wir das durch: Bei einer UHD-Auflösung mit 8,3 Millionen OLED-Pixeln reden wir von knapp 42 Milliarden Mikrolinsen auf dem Display. Krass. Die MLA gibt's aber nur bis und mit Zollgrösse 77.
Ebenfalls neu ist der sogenannte META-Booster, ein Algorithmus, der die maximale Helligkeit punktuell verstärkt. Dazu kommen der bereits vergangenes Jahr verwendete zusätzliche Kühlkörper und die ebenfalls vergangenes Jahr verwendete Deuterium-Zusammensetzung des Panels, die besonders hitzeresistent ist. Dadurch kann das Display noch mehr Energie aufnehmen – und dadurch heller strahlen – ohne zu überhitzen und das Burn-In-Risiko zu erhöhen. Alles zusammen heisst: META Technology.
So, schauen wir uns jetzt die Helligkeit des G3 an. In der Grafik vergleiche ich direkt mit Samsungs S95B und Sonys A95K, die beide QD-OLED-Panels aus Samsungs Fabriken beziehen. Vergangenes Jahr waren sie die ersten OLED-Panels überhaupt, die die 1000-Nit-Marke bei der maximalen Spitzenhelligkeit knackten. LGs G2-Panel reihte sich dahinter ein, wenn auch nur knapp.
Aber LGs G3-Panel will nichts von Knappheit wissen. LGs G3 will der neue Platzhirsch sein. Diskussionslos. Spoiler: LG kam, strahlte und siegte.
Nit ist die englische Masseinheit für Candela pro Quadratmeter (cd/m²), also der Leuchtdichte beziehungsweise Helligkeit. 100 Nit entsprechen etwa der Helligkeit des Vollmondes am Nachthimmel. Grafik: Luca Fontana / Flourish.Es gibt zwei Achsen: Die Vertikale steht für Helligkeit, die Horizontale für den Ausschnitt, in dem die Helligkeit gemessen wird. Bei zwei Prozent der gesamten Bildfläche, also punktuell und bei sehr kleinen Bildbereichen, erzielt LGs G3 einen für OLED-Verhältnisse fast schon astronomischen Gesamtwert von 1413 Nit im Kino-Modus. Wahnsinn!
Messe ich im Lebhaft-Modus des Fernsehers – der hellste, aber am schlechtesten kalibrierte Modus –, kommt das Messgerät gar auf 1863 Nit. Das sind zwar nicht ganz die an der CES versprochenen 2100 Nit. Aber beeindruckt bin ich trotzdem.
Nicht ganz so astronomisch hoch ist die Helligkeit beim Messen der vollen Fenstergrösse. Dort kommt sie mit ihren 250 Nit zwar über den Werte des letztjährigen QD-OLED-Panels. Aber nicht um viel. Die 178 Nit des letztjährigen G2-Evo-Panels überstrahlt der G3 dafür locker. Das spürte ich bereits beim ersten Einschalten des Fernsehers. «Oh, wow, der ist aber hell», murmelte ich da. LG ist ein riesengrosser Sprung in Punkto Helligkeit gelungen.
Der Weissabgleich
Schauen wir uns den Weissabgleich des Fernsehers an. Weiss entsteht beim Fernseher, wenn die roten, grünen und blauen Subpixel pro Pixel gleichzeitig und gleich stark strahlen. Die volle Helligkeit erzeugt also das hellste Weiss. Die niedrigste Helligkeit hingegen das tiefste Schwarz. Können sich die Subpixel sogar ganz ausschalten, wie bei OLED oder QD-OLED, redet man von echtem Schwarz. Alles dazwischen sind demnach nichts weiter als Grautöne.
Um die Genauigkeit des Weissabgleichs zu messen, benötige ich zwei Tabellen:
- Graustufen Delta E (dE)
- RGB-Balance
Das Graustufen dE zeigt, wie stark die vom Fernseher erzeugten Graustufen vom Referenzwert abweichen. Die RGB-Balance zeigt an, in welche Richtung die vom Fernseher erzeugten Graustufen vom Referenzwert abweichen. Warum ist das wichtig? Schauen wir uns das am konkreten G3-Beispiel an:
Würdest du den Fernseher direkt neben einen Referenzmonitor stellen, bedeutete das:
- Wert ist 5 oder höher: Die meisten Menschen erkennen den Unterschied zum Referenzmonitor.
- Wert zwischen 3 und 5: Nur Expertinnen und Enthusiasten erkennen den Unterschied.
- Wert zwischen 1 und 3: Nur Expertinnen erkennen den Unterschied, die Enthusiasten nicht.
- Wert unterhalb von 1: Selbst Expertinnen erkennen keinen Unterschied.
Jeder Wert, der unter fünf liegt, ist für einen nicht-kalibrierten Fernseher ein sehr guter Wert. Bis jetzt hat das aber kein von mir getesteter Fernseher durchgehend geschafft. LGs G3 ist keine Ausnahme. Ab etwa 70% der möglichen Gesamthelligkeit überschreitet der Fernseher die 5er-Grenze. Sprich: Je heller der Fernseher strahlt, desto ungenauer wird das Weiss. Im Schnitt liegt das durchschnittliche dE trotzdem bei guten 3,19 dE (dE Avg). Das ist zwar nicht der bislang beste von mir gemessene Wert; der gebührt ausgerechnet seinem Vorgänger, dem G2, mit einem durchschnittlichen dE von 2,19. Aber der Unterschied ist so klein, dass er selbst für Profis nur schwer zu sehen ist.
Der Blick auf die RGB-Balance (im Bild oben rechts) zeigt nun, inwiefern der Weissabgleich vom Referenzwert abweicht. Dort zeichnet sich ein leichter Blaustich ab, weil die blauen Subpixel etwas zu stark strahlen. Aber wie gesagt, die Abweichung ist gering. Dass du den Blaustich bei einem echten Bild tatsächlich als solchen empfindest, ist daher sehr unwahrscheinlich. Besonders ohne Referenz als Gegenüberstellung. Hervorragende Noten also für LGs G3, und das direkt aus der Verpackung und ohne Kalibrierung. Zumindest im «Kino Home»-Modus.
Der Color Gamut
Weiter geht’s mit der Messung des Color Gamuts, der Abdeckung der gängigsten Farbräume. Diese sind:
- Rec. 709: 16,7 Millionen Farben, Standard-Farbraum für SDR-Inhalte wie Live-TV und Blu-Rays
- DCI-P3 uv: 1,07 Milliarden Farben, Standard-Farbraum für HDR-Inhalte, von HDR10 bis Dolby Vision
- Rec. 2020 / BT.2020 uv: 69 Milliarden Farben, wird in der Film- und Serien-Industrie noch kaum genutzt
Der grosse «Farbklecks», inklusive der abgedunkelten Bereiche, zeigt die ganze, vom menschlichen Auge erfassbare Farbpalette. Der aufgehellte Bereich links zeigt den Farbraum BT.2020. Rechts dasselbe, einfach der kleinere DCI-P3-Farbraum. Die weissen Kästchen zeigen die eigentlichen Grenzen der jeweiligen Farbräume. Die schwarzen Kreise hingegen die beim Messen tatsächlich gemessenen Grenzen.
Folgende Farbraumabdeckungen hat die Messung ergeben:
- Rec. 709: 100% (gut = 100%)
- DCI-P3 uv: 98,67% (gut = >90%)
- Rec. 2020 / BT.2020 uv: 74,12% (gut = >90%)
Der G3 kommt beim wichtigen Farbraum DCI-P3 auf ausgezeichnete 98,67 Prozent Abdeckung. Damit übertrifft er LCD-Konkurrenz wie TCLs Mini-LED- und Samsungs Neo-QLED-Fernseher locker: TCL zum Beispiel erreichte «nur» 86,11 Prozent. Einzig die QD-OLED-Fernseher von Samsung und Sony erreichen bislang satte 100% Abdeckung im DCI-P3-Farbraum.
Zum BT.2020-Farbraum. Den deckt LGs G3 mit «nur» 74,12 Prozent ab. Das ist zwar viel besser als TCLs Mini-LED, den ich vergangenes Jahr getestet habe – und unwesentlich besser als Samsungs Neo QLED. Trotzdem hätte ich von einem OLED-Fernseher einen besseren Wert erwartet. Einen, der näher an die 80 Prozent Abdeckung kommt.
Der Color Error
Zum Color Error. Zu deutsch: der Farbtreue. Sie beschreibt, wie akkurat Farben dargestellt werden. Wie schon oben bei den Graustufen wird die Abweichung vom Fernseher zum Referenzwert als dE bezeichnet. Die weissen Kästchen zeigen die vom Testbildgenerator an den Fernseher gesendeten Referenzfarben an. Die schwarzen Kreise hingegen die tatsächlich gemessenen Farben. Auch hier gilt: dE-Werte unterhalb von 5 sind für nicht-kalibrierte Fernseher gut.
Die Messungen hauen mich um. LGs G3 hat im «Kino Home»-Modus nämlich nicht nur eine von Haus aus gute Farbtreue. Sie ist beinahe referenzwürdig! Bei insgesamt 40 Messwerten bekomme ich nämlich ein durchschnittliches dE von exquisiten 1,97. Das ist das erste Mal bei mir, dass dieser Wert unter 2 liegt. Die bisherigen Spitzenreiter von Sony und Samsung mit ihren QD-OLED-Panels kamen auf ein durchschnittliches dE von 2,64 respektive 2,46. Bravo, LG!
Spiegelungen
Per se messbar sind Spiegelungen auf dem Bildschirm nicht. Einige von euch haben mir aber geschrieben und sich gewünscht, dass ich trotzdem in meinen Tests darauf eingehe. Gute Idee. Zum Testen stelle ich eine ganz normale Situation im Wohnzimmer nach: ein Foto am späten Abend, ohne geschlossene Gardinen, Jalousien oder Rollläden. Hinter mir der Backofen, neben dem Fernseher die Stehlampe. Das Licht der Stehlampe wird von der Scheibe des Ofens hinter mir reflektiert und zurück auf den Fernseher geworfen.
Und hier das Ergebnis:
LGs G3 hat auch beim Handhaben von Reflexionen grosse Fortschritte gemacht. Da schneidet der G2 sichtbar schlechter ab. Zusammen mit der deutlich verbesserten Gesamthelligkeit würde ich LGs G3 als ersten von mir getesteten OLED-Fernseher bezeichnen, der auch in hellen Räumen gut zur Geltung kommt.
Zwischenfazit nach der Messung
Den G3 empfinde ich auf Anhieb spürbar heller als alle OLED-Fernseher, die ich zuvor getestet habe. Strahlender. Kräftiger. Beeindruckender. Nicht nur in Zahlen. Sondern auch gefühlt. Dazu kommen hervorragende Werte beim Color Error, die ein extrem farbtreues Bild ohne Kalibrierung versprechen. Und natürlich das gewohnt perfekte OLED-Schwarz. In der Theorie ist LG ein Fernseher gelungen, der die Messlatte verdammt hoch legt. Schauen wir uns die Praxis an.
Das Bild: OLED-würdiges Referenzmaterial mit gewohnt starkem Prozessor
Sehr helles Bild. Exzellente Farbtreue aus der Verpackung und ohne Kalibrierung. Theoretisch. Wie sieht’s in der Praxis aus?
Farbwiedergabe
Will ich einen Fernseher auf seine Farbwiedergabe testen, greife ich auf «Guardians of the Galaxy, Vol. 2» zurück. Besonders auf diese Szene: Egos goldener Palast knallt im gesättigten Abendrot. Darin Drax’ grünliche Haut voller blutroter Tattoos. Im Vergleich mit seinem Vorgänger trifft LGs G3 die Intention des Regisseurs, die kitschigen «golden hours» des Planeten einzufangen, besser. In dieselbe Kerbe schlägt auch die QD-OLED-Konkurrenz von Sony und Samsung. Der G3 ist allerdings der einzige Fernseher im Vergleich, bei dem die Polarlichter am Ende der Szene ein kräftiges Grün haben, die nicht vom Gold des restlichen Bilds verschluckt werden.
Schalten wir ein paar Gänge zurück. Nicht immer müssen Farben im Bild geradezu knallen. Etwa bei «James Bond – Skyfall», als James und der junge Quartiermeister Q in einem Kunstmuseum das Bild eines stolzen, alten Schlachtschiffs betrachten, das schmachvoll auf den Schrott geschleppt wird. Natürlich eine Anspielung auf den alternden Geheimagenten. Schon beim Testen des G2, dem Vorgängermodell, fiel mir auf, dass die Tapeten im Hintergrund einen falschen Türkis-Stich haben. Dazu wirkte die Haut etwas gar unnatürlich orange. Unschönheiten, die der G3 prompt korrigiert: Das Bild ist weniger knallig, dafür umso natürlicher. Genauso, wie’s im Sinne des Filmemachers war. «James Bond» ist schliesslich kein Marvel-Comic-Spektakel, sondern ein in der realen Welt verwurzelter, grimmiger Spionagethriller.
Die Vergleiche mit Samsung und TCL sind auch interessant. Vor allem das fehlende Dolby-Vision-Format bei Samsung fällt auf: LGs und TCLs Dolby-Vision-Bilder wirken angenehm warm, kräftig und trotzdem natürlich. Beim Direktvergleich zwischen LG und TCL tendiere ich zum südkoreanischen Fernseher links; der chinesische Fernseher rechts wirkt eine Spur zu kontrastreich.
Black Crush und Shadow Details
Wie schlägt sich der neueste LG-OLED bei dunklen Szenen? Für diesen Test kommt die erste Szene aus «Blade Runner 2049» zum Zug. LGs und Sonys (QD-)OLED-Fernseher kommen wunderbar dunkel daher. Filmst du nämlich im Gegenlicht, ist es normal, dass der Rest in schwarzen Silhouetten verschwindet. Darum kann hier auch nicht von Black Crush die Rede sein – Details, die von der Dunkelheit verschluckt werden. Bei LGs Modellen ist aber deutlich ein Grünstich zu sehen; Sonys und TCLs Bild wirkt deutlich wärmer.
Im Vergleich mit dem Mini-LED-TV von TCL siehst du gut, was ich mit dem «wunderbar dunklen» OLED-Bild von LG meine: TCLs Bild ist viel zu hell und bringt dort Details hervor, wo gar keine sein sollten. Das liegt am technologiebedingt hellen LCD-Bild: Tagsüber in einem hellen Zimmer ein Segen gegenüber den meisten OLED-Fernsehern, in einem abgedunkelten Zimmer bei dunklen Szenen hingegen der reinste Fluch. Dazu kommt starkes Blooming, eine Art Heiligenschein um helle Objekte vor dunklem Hintergrund. Achte zum Beispiel auf die Fenster.
Helligkeitsabstufungen
Ein letzter Bildtest: Helligkeitsabstufungen. Interessant ist, wie unterschiedlich der G2 und der G3 dieselbe Szene interpretieren: Das Vorgängermodell stellt sie wesentlich wärmer und kitschiger dar als der G3. Das aktuelle Modell hingegen setzt auf eine gemässigte, dafür umso natürlichere Farbwiedergabe. Ich persönlich finde aber, dass Sonys QD-OLED-Panel das helle Bildmaterial am besten handhabt; auf mich wirkt es heller und trotzdem natürlicher als die Konkurrenz. Was die Sonne im Hintergrund betrifft: Kein Fernseher im Video hat gegenüber den anderen einen deutlichen Vorteil, sie ist überall gut als Kugel am Firmament zu erkennen.
Prozessor: Auf gewohnt starkem Niveau
Der Prozessor ist das Gehirn des Fernsehers. Seine Hauptaufgabe besteht darin, Bildsignale zu empfangen, zu verarbeiten und darzustellen. Verarbeiten heisst, dass er schlechte Bildqualität erkennt und sie aufwertet. Bei LG tönt das so: «Der META-Booster bringt Luminanz, Farbtreue und die HDR-Wiedergabe auf ein Level mit der menschlichen Wahrnehmung. Auf einem Bildschirm, der fast doppelt so hell ist wie zuvor, fühlen Sie sich angesichts der Fülle von Details, als wären Sie Teil des Geschehens.» Aber hallo.
Hinter all dem sensationellen Marketing-Geschwurbel steckt, dass der Prozessor Rauschen entfernen, Farben verstärken, Kanten glätten, Bewegungen flüssiger machen und allfällige fehlende Pixel-Informationen dazurechnen soll.
Motion Processing und Judder
Zum Start mache ich es dem Prozessor gleich richtig schwer. Konkret: Judder, ein Phänomen, das alle TVs haben. Besonders bei langen Kameraschwenks. Sam Mendes’ «1917» ist voller solcher gleichmässigen, langsam fliessenden Kamerabewegungen und damit perfekt für den Judder-Test. Achte beim Vergleich mit anderen Herstellern vor allem darauf, ob die vertikalen Balken in der Scheune flüssig durchs Bild laufen oder ins Stottern kommen.
Auch dieses Jahr zeigt LGs Alpha-9-Prozessor der nunmehr sechsten Generation, wo der Hammer hängt: Stelle ich in den Einstellungen unter «Klarheit» auf «Natürliches Bild», ist von Judder kaum eine Spur zu sehen. Der japanische Hersteller Sony im zweiten Vergleich hingegen greift von Haus aus kaum in die Judder-Reduzierung ein. Ein Film, so der Gedanke Sonys, muss ruckeln. Wie im Kino früher, vor dem digitalen Zeitalter. Schön altmodisch. Mir ist das trotzdem zu viel Geruckel.
Im dritten Vergleich kommt Samsungs OLED-Neural-Quantum-Prozessor zum Zug. Abgefilmt habe ich das Bild dort im Filmmaker-Mode. Von Haus aus hat es die Judder-Reduzierung komplett ausgeschaltet. Nachdem ich sie von «0» auf «7» hochschraube, ist Judder zwar sichtbar, wenn du darauf achtest, aber niemals aufdringlich. Im Vergleich mit LG wirkt das Bild jetzt sogar noch fliessender. Das gefällt mir.
Nächste Szene aus «1917». Auch hier sorgt Mendes’ Kameraarbeit für eine immense Herausforderung für die meisten Prozessoren. Gerade bei harten Kanten vor verschwommenem Hintergrund, etwa um die Helme der beiden Soldaten herum. Dort müssen sowohl der Prozessor als auch die Pixel unheimlich schnell reagieren.
LGs Alpha-9-Prozessor gibt sich auch hier keine Blösse. Sonys Prozessor hinkt erneut ein wenig hinterher.
Reaktionszeit der Pixel
Als Nächstes das Apple Original «For All Mankind». Ich will sehen, wie lange ein einzelnes Pixel braucht, um seine Farbe zu wechseln. Passiert das nicht schnell genug, sieht’s für dich so aus, als ob das Bild Schlieren ziehen würde – der Effekt wird «Ghosting» genannt. Achte beim Kameraschwenk über die Mondoberfläche auf den unten links eingeblendeten Text.
Keiner der TVs zeigt hier Schwächen. Höchstens bei LG ist anfangs ganz wenig Ghosting zu sehen. Das fällt aber kaum auf: gute Noten. Kein Wunder: OLED-Fernseher haben technologiebedingt ausgezeichnete Reaktionszeiten. Darum gelten sie auch als hervorragende Gaming-Monitore. LCD-Fernseher sind in dem Punkt im Nachteil. Das siehst du am Ende des Videos beim Vergleich mit TCLs Mini-LED. Fairerweise will ich betonen, dass es sich dort um einen Vergleich mit dem C82-Modell handelt, das über zwei Jahre älter ist als LGs G3. Das Beispiel dient darum bloss zur Veranschaulichung. TCLs C92, der Nachfolger, hat sich vergangenes Jahr in derselben Disziplin deutlich gesteigert.
Upscaling
Jetzt zu einem der schwierigsten Tests: das Upscaling. Ich will sehen, wie gut der Prozessor qualitativ weniger hochwertige Quellen hochskaliert. Blu-rays oder das gute alte Live-Fernsehen zum Beispiel. Oder «The Walking Dead». Die Serie ist bewusst auf 16mm-Film aufgenommen worden, um mit einer altmodischen Körnung samt Bildrauschen das Gefühl einer kaputten, postapokalyptischen Welt zu erzeugen.
Auch hier macht LG eine gewohnt gute Figur. Gewohnt, weil LGs Prozessoren schon in vergangenen Jahren besonders gut im Aufwerten minderwertiger Quellen waren. Denn das da oben ist eine HD-Quelle mit SDR-Qualität, deren etwa 2 Millionen Pixel auf 8,3 Millionen Pixel aufgeblasen werden. Sonys Prozessor kriegt zwar etwas mehr Bildschärfe hin. Dafür hat LG fast keine Kompressions-Artefakte und rauscht deutlich weniger: Stoppe das Video bei Minute 00:16 und achte auf die dunkle Fläche zwischen den beiden Männern, um zu sehen, was ich meine.
Samsungs Neural-Quantum-Prozessor im letzten Vergleich macht den besten Job in dieser Szene: Das Bild ist scharf gezeichnet, angenehm warm, satt und trotzdem natürlich. Dazu fast kein Bildrauschen. Nur bei den Kompressions-Artefakten sehe ich LG deutlich vorne.
Gaming: Input Lag und Game Mode
Auch dieses Jahr will LG seinen OLED-Fernseher als besten Gaming-TV auf dem Markt positionieren. Überhaupt will sich LG bei Gamern seit jeher beliebt machen. Das zeigt der Anfang Jahr erschienene LG OLED Flex, ein Fernseher, der sich auf Knopfdruck krümmt – und Kollege Samuel Buchmann beinahe verzweifeln liess. Grund dafür war ABL.
Das Problem bei ABL ist, dass es beim Gamen stören kann. Spiele ich etwa ein Match in FIFA 23, kann es manchmal mehrere Minuten lang zu keinen Zwischensequenzen kommen. Die Software registriert dann, dass sich die durchschnittliche Helligkeit kaum verändert und schliesst darum auf ein statisches Bild. Zum Schutz des Panels reduziert sie anschliessend die Helligkeit, bis ich Mühe habe, den Ball noch zu sehen. Um ABL wieder wegzukriegen, muss ich dann kurz ins Pausemenü wechseln. Bei vergangenen LG-OLED-Fernsehern passierte das recht selten. Beim G3 hingegen öfters. Wohl, weil mit der META Technology das Bild so viel heller strahlt, dass ABL entsprechend aggressiver eingreifen muss, um Überhitzung und Burn-In zu verhindern.
Passierte das bei anderen Spielen auch?
Nein. Kein einziges Mal. Während meiner vierwöchigen Testphase spielte ich meistens «Star Wars Jedi: Survivor» und «Spider-Man: Miles Morales». ABL griff nie ein. Kein Wunder bei all den vielen Szenenwechseln und Zwischensequenzen. Die FIFA-Reihe scheint im Vergleich dazu einfach ein für ABL anfälliges Spiel zu sein.
Und sonst so? Beim Messen der Farbkorrektheit im «Game Mode» komme ich auf ein durchschnittliches Delta E von guten 4,44 (lies oben bei «Color Error» nach, falls dich das Thema im Detail interessiert). Das ist zwar kein Referenzbild-Niveau. Aber einer der besten Werte, die ich im «Game Mode» je gemessen habe: nur TCLs C92 war mit einem dE von 4,19 besser.
Zum Input-Lag, also der Eingabeverzögerung: Mit dem Messgerät von «Leo Bodnar» messe ich einen durchschnittlichen Input Lag von sehr guten 10,1 Millisekunden bei einem UHD-Bild mit 60 Bildern pro Sekunde. Darüber hinaus unterstützt der Fernseher alle für Gamer relevanten Features:
- 4x HDMI-2.1-Anschlüsse (4K120Hz)
- Auto Low Latency Mode (ALLM)
- Quality Motion Smoothing (QMS)
- Variable Bildraten (Nvidia G-Sync, AMD Freesync Premium und HDMI Forum VRR)
Dazu ist LG – genau wie Samsung, Sony, Philips, TCL und Panasonic – eine Partnerschaft mit vielen grossen Spielestudios eingegangen. Das Ergebnis: HGiG – HDR Gaming Interest Group. Damit soll laut Hersteller sichergestellt sein, dass HDR so angezeigt wird, wie es die Spieleentwickler vorgesehen haben. Etwa beim Zocken von «Spider-Man: Miles Morales» auf meiner Playstation 5.
Im Vergleich mit seinem Vorgängermodell – aber auch mit den anderen Herstellern ausser TCL – macht der G3 schnell klar, welches der beiden TVs die akkurateren Farben zaubert. Dazu stelle ich fest, dass Schwarz auch wirklich schwarz ist, die Kanten scharf aussehen und das Bild selbst bei schnellen und ruckeligen Kameraschwenks nicht verschwimmt. Achte etwa auf Miles’ dunkle Silhouette im Gegenlicht, die detaillierten Texturen des verschneiten New Yorks oder die gut sichtbaren Details in den Wolken. So sieht ein guter «Game Mode» aus.
Schön: Wie schon vergangenes Jahr bietet LG erneut ein dediziertes Untermenü an, in dem du fürs Gamen selber noch Feinjustierungen vornehmen und die aktuelle Bildrate ablesen kannst. Sehr wichtig: LGs G3 unterstützt den VRR-120Hz-Modus der PS5 ohne Probleme.
Smart OS: webOS
LG setzt auf webOS, das 2021 komplett überarbeitet wurde und seitdem stark an die alte Version von Google TV erinnert – nicht zu meiner Freude. Das alte webOS war schlicht und schlank. Beim Druck auf die Hometaste öffnete sich nur eine App-Leiste am unteren Bildschirmrand. Jetzt öffnet sich ein ganzes Fenster voller Kacheln. Das wirkt voll und überladen.
Google hatte das Problem auch. Seit der letztjährigen Entschlackungskur ist sein Betriebssystem aber viel aufgeräumter. Immerhin verzichtet LG mit der aktuellsten Version – webOS 23 – auf die nervigen und nie zutreffenden Film- und Serien-Empfehlungen. Stattdessen ist da jetzt einfach das grosse «Erleben Sie Neues mit LG webOS»-Fenster. Das bringt einen direkt in den App-Store.
Dann folgt die App-Leiste. Die wichtigste Leiste. Sie ist jetzt die kleinste Leiste. Von hier an muss ich runterscrollen. Das fühlt sich zwar flüssig und reaktiv an – dank gutem Prozessor. Aber es ist genauso unsexy wie das Kuddelmuddel aus Kacheln, das mir angeschlossene Geräte, den Smart-Home-Hub und weiss-der-Kuckuck-was-noch-alles anzeigt.
Kleines Schmankerl: Aktiviere ich im Menü die «Stets Ein»-Funktion, schaltet sich der TV beim Drücken der Standby-Taste nicht aus, sondern wechselt in einen Kunst-Modus. Dort kann ich entweder eine Uhr, ein Gemälde oder ein Bewegtbild anzeigen lassen. Das soll bei niedriger Energie und Helligkeit das rechteckige, schwarze Loch im Wohnzimmer ersetzen, das ein ausgeschalteter Fernseher ansonsten ist.
Fazit: Zurück auf den Spitzenplatz – doch für wie lange?
Das Ende der Spitzenposition von LGs älteren, aber dafür ausgereiften (W)OLED-Technologie könnte doch nicht so nahe sein, wie ich vor einem Jahr dachte. LG hat nämlich nicht nur zur Konkurrenz aufgeholt. LG hat sie sogar überholt. Zumindest deren Vorjahres-Modelle. Das nenne ich ein Comeback nach Mass.
Gelungen ist das LG vor allem dank seiner neuen META-Technologie. Die besteht einerseits aus der Micro Lens Array – den konvexen Mikrolinsen –, die das erzeugte Licht bündelt und verstärkt. Andererseits erhöht ein verbesserter Algorithmus – der META-Booster – punktuell die maximale Helligkeit. Zusammen ergibt das den hellsten OLED-Fernseher, den ich je getestet habe. Mit Abstand. Und zwar ohne auf die OLED-typisch perfekten Schwarzwerte zu verzichten. Dazu kommt eine bemerkenswerte hohe Farbtreue, direkt aus der Verpackung und ohne Kalibrierung. Ein Traum.
Ob der G3 seine Spitzenposition bis Ende Jahr halten wird, muss sich allerdings noch zeigen. Als nächstes steht der Test von Samsungs S95C an, dem Nachfolger des letztjährigen QD-OLED-Erstlings. Der Bericht dazu folgt voraussichtlich Ende Juli, spätestens Anfang August. Mal sehen, ob sich die südkoreanische Konkurrenz auf ihren Lorbeeren ausgeruht hat oder nicht.
Titelfoto: Luca FontanaAbenteuer in der Natur zu erleben und mit Sport an meine Grenzen zu gehen, bis der eigene Puls zum Beat wird — das ist meine Komfortzone. Zum Ausgleich geniesse ich auch die ruhigen Momente mit einem guten Buch über gefährliche Intrigen und finstere Königsmörder. Manchmal schwärme ich für Filmmusik, minutenlang. Hängt wohl mit meiner ausgeprägten Leidenschaft fürs Kino zusammen. Was ich immer schon sagen wollte: «Ich bin Groot.»