Warum eigentlich stechen Mücken manche Menschen lieber als andere?
18.7.2022
Stechmücken sind wählerisch, wenn es um die Wahl ihrer Opfer geht. Nicht jeder Mensch entspricht ihrem Beuteschema. Woran das liegt? Vor allem an Bakterien.
Bssss… bsss… bssss. Ich sitze im Dämmerlicht mit einem Glas Rosé in der Hand auf meinem Balkon. Bssss… bsss… bssss. Nervös suche ich die Umgebung nach der Quelle des unangenehmen Geräusches ab, sehe aber nichts. Dreissig Sekunden später aber spüre ich sie: Soeben hat mich eine Mücke gestochen. Mein Gegenüber sitzt weiterhin seelenruhig da, die Tiere haben es bloss auf mich abgesehen.
Warum eigentlich?
Das Beuteschema wird von mehreren Faktoren bestimmt
Gegenwärtig sind weltweit 3603 verschiedene Arten von Stechmücken bekannt, wovon jedoch nur ein kleiner Bruchteil für den Menschen als Krankheitsüberträger von Bedeutung ist. In der Schweiz gibt es sogar bloss wenige Dutzend verschiedene Arten. Ob diese ausgerechnet auf deiner Haut landen, hängt von mehreren Faktoren ab, wie mir Dr. Stefan Ungricht, Entomologe und Vizepräsident der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich (NGZH), erklärt.
«Auf lange Distanz spielt vor allem der erhöhte Kohlendioxidgehalt unserer ausgeatmeten Luft eine Rolle, worauf wir natürlich selbst wenig Einfluss haben – nicht zu atmen ist ja keine Option.» Kommen die Insekten näher, wird unser Geruch wichtig. «Je nach Körpergeruch und verwendeten Hautpflegeprodukten variiert der Reiz für Mücken.» Dr. Niels Verhulst vom Nationalen Zentrum für Vektor Entomologie (NZVE) präzisiert: «Der Körpergeruch wird grösstenteils von Bakterien auf unserer Haut produziert. Je nach Zusammensetzung dieser Bakterien wirkt ein Mensch mehr oder weniger attraktiv auf die Stechmücken.»
Quelle: Vinicius R. Souza / Shutterstock
Sind die Mücken dann richtig nah, kommen unsere Körperwärme und teilweise der Sehsinn zum Zug. «Vor allem dunkle Kleidung fällt den Mücken auf», sagt Ungricht. Oft spiele dies aber eine untergeordnete Rolle, da die meisten Stechmücken in der Nacht zuschlagen würden und visuelle Hinweise dann schlecht wahrnehmbar seien, ergänzt Verhulst. Ob du bei offenem Fenster das Licht an hast oder nicht, spielt für Stechmücken entgegen landläufiger Meinung keine Rolle, wie schon Kollegin Katja in ihrem Sommer-Faktencheck aufgedeckt hat. Ungricht sagt dazu: «In unseren europäischen Gefilden sind am Licht Zuckmücken, Stelzmücken und Schnaken sehr viel häufiger als Stechmücken anzutreffen. Zuckmücken, Stelzmücken und Schnaken saugen alle kein Blut, werden aber von der breiten Bevölkerung oft mit Stechmücken verwechselt.»
Augen auf bei der Partnerwahl
Sobald die Mücken auf deiner Haut sind, sollen auch Sensoren an ihren Füssen und an der Spitze des komplexen Stechapparat den Weg zu einem geeigneten Blutgefäss weisen. Übrigens: Nur die Weibchen saugen dein Blut, da die so aufgenommenen Proteine bei der Reifung ihrer eigenen Eier benötigt werden. Die Ernährung der Mücken selbst wird bei beiden Geschlechtern über Nektar und andere süsse Pflanzensäfte geregelt.
Zum Zeitpunkt des Stichs wurde die Wahl aber längst aufgrund deiner Bakterienzusammensetzung getroffen. Damit diese künftig nicht mehr (so oft) auf dich fällt, helfen Netze oder Mückensprays. «Diese sollten DEET, Picaridin, IR3535 oder Para-Menthan-Diol enthalten. Natürliche Sprays helfen leider oft etwas weniger gut», sagt Verhulst. Was aber funktioniert immer? «Suche dir eine Partnerin oder einen Partner, die oder der attraktiver auf die Stechmücken wirkt.» Ab sofort finden erste Dates nur noch abends am See statt. Bsss… bsss… bssss.
Warum eigentlich bleibt der Zeiger der Bahnhofsuhr kurz stehen? Warum gibt’s im Kino Popcorn? Und warum darf Trinkglas nicht ins Altglas? Der Alltag hält viele Rätsel bereit, die ich in unregelmässigen Abständen zu lösen versuche. Hast auch du eine brennende Frage, aber keine Zeit zum Recherchieren, dann schick sie mir per Mail. Ich mache die Drecksarbeit gerne.
Meinen Horizont erweitern: So einfach lässt sich mein Leben zusammenfassen. Ich liebe es, neue Menschen, Gedanken und Lebenswelten kennenzulernen,. Journalistische Abenteuer lauern überall; ob beim Reisen, Lesen, Kochen, Filme schauen oder Heimwerken.