Welchen Einfluss Ernährung auf den Körper hat am Beispiel von Bodybuildern
Hintergrund

Welchen Einfluss Ernährung auf den Körper hat am Beispiel von Bodybuildern

Welchen Einfluss hat eigentlich die Ernährung beim Krafttraining und wie ernähren sich Bodybuilder? Soviel vorweg: Das Sixpack entsteht in der Küche.

«Sculpted like a greek god» oder auf Deutsch «Ein Körper wie ein griechischer Gott» – diese Redewendung steht für eine athletisch-trainierte Ästhetik des menschlichen Körpers mit definierten Muskeln und kaum vorhandenem Körperfett. Seit der Antike fasziniert diese Form des menschlichen Körpers. Das spiegelte sich vor allem in der Malerei und eben der Bildhauerei wider. Polykleitos war ein griechischer Bildhauer, der vor knapp 2500 Jahren den Kanon verfasste, in dem er die perfekten Massverhältnisse des menschlichen Körpers beschrieb. Später trug Michelangelo zwischen 1475 und 1564 n. Chr. wesentlich zur Einführung der menschlichen Anatomie in die Kunst bei. Weit später erst, in der modernen Medizin, haben wir uns mit der Körperzusammensetzung beschäftigt.

Woraus bestehen wir?

Woraus besteht nun aber der menschliche Körper? Die Frage klingt trivial, kann aber gar nicht so leicht beantwortet werden. Dies deshalb, weil sich die Körperzusammensetzung im Verlauf des Lebens verändert. Das ist Wachstums- und Alterungsprozessen, Krankheiten und/oder der Schwangerschaft geschuldet. Weiter hängt die Köperzusammensetzung entscheidend von der körperlichen Aktivität und der Ernährung ab. Beide können einen signifikanten Einfluss darauf haben. Das wird in den Extremen der Mangel- oder Unterernährung sowie bei Fettleibigkeit sichtbar. Da die Körperzusammensetzung einen grossen Einfluss auf die Gesundheit hat, wurde sie in mehreren Wissenschaftszweigen zum Forschungsgebiet. In meinem Gebiet, der Sportphysiologie, ist sie von Interesse für das Messen und Evaluieren von Trainingsinterventionen, die Rückkehr in den Sport nach Verletzungen oder bei der Untersuchung des Alterungsprozesses bei Athleten.

Es gibt unterschiedliche Betrachtungsweisen der Körperzusammensetzung. Man spricht auch von dem Fünf-Ebenen-Modell, das die atomare, molekulare, zelluläre, Gewebe-Organ-Ebene und die Ebene des Körpers als Ganzes betrachtet.

Atomar bestehen wir zum allergrössten Teil aus 6 Elementen. Mit 61% den grössten Anteil macht Sauerstoff aus, gefolgt von 23% Kohlenstoff, 10% Wasserstoff, 2.6% Stickstoff, 1.4% Kalzium, 0.83% Phosphor, wobei Schwefel, Kalium, Chlor und Magnesium zusätzlich weniger als 1% ausmachen [1].

Auf molekularer Ebene bestehen wir zu etwa 60% aus Wasser, 20% Fetten, 14% Proteinen, 5% Mineralien und 1% Glykogen [1].

Auf zellulärer Ebene umfasst die Körperzusammensetzung die Zellmasse sowie den extrazellulären Raum. Die Körperzellmasse ist die Summe aller Zellen und der extrazelluläre Raum, der die extrazelluläre Flüssigkeit und Feststoffe beinhaltet. Dazu gehören Knochenmineralien, Proteine und Glykogen und machen etwa 7 - 8% der Körpermasse aus [2].

Auf der Ebene der Gewebe und Organe bestehen wir aus Fettgewebe (im Schnitt etwa 20% der Körpermasse bei Männern und 30% bei Frauen), Muskeln (42% respektive 38% bei Frauen) und Knochen (etwa 7%). Weitere 8% entfallen auf das Blut. Die verbleibenden Anteile beinhalten die Haut, Leber, das zentrale Nervensystem, den Darmtrakt und die Lungen [1]. Für das Messen der Körperzusammensetzung kommen mehrere Methoden zum Einsatz wie zum Beispiel die duale Röntgenabsorptiometrie oder auch die Computer- oder Magnetresonanztomographie.

Den grössten Anteil der Körpermasse macht die Muskelmasse aus. Diese beträgt nach der Geburt etwa 21% der Körpermasse und nimmt im Verlauf des Lebens zu. Während sie etwa 42% der Körpermasse bei einer erwachsenen Person ausmacht, beträgt sie im Alter lediglich noch etwa 27% [3]. Muskeln bestehen zu etwa 75% aus Wasser und 20% aus Proteinen. 5% betragen Kohlenhydrate, inorganische Salze, Mineralien und Fette [4]. Die kontraktilen Elemente im Muskel, die Kraft erzeugen können, bestehen aus Proteinen. Eine Erhöhung der Muskelmasse geht daher mit der Erhöhung des Proteingehalts im Muskel einher.

Die fünfte Ebene, den Körper als Ganzes, betrachten wir in diesem Beitrag nicht.

Wie funktionieren diese Ebenen?

Die Skelettmuskelmasse wird durch einen kontinuierlichen Prozess reguliert, der Muskelmasse auf- und wieder abbaut [5]. Der Aufbau wird auch Muskelproteinsynthese (engl. myofibrillar protein synthesis (MPS)) genannt. Der Abbau (engl. myofibrillar protein breakdown) wird kurz mit MPB bezeichnet. Vom Erwachsenenalter bis etwa zur 5. Lebensdekade ist die Muskelmasse relativ konstant. Dies ist der Proteinzufuhr über der Nahrung geschuldet, die die Proteinsynthese fördert [6–8]. Phillips und sein Team zeigten, dass ein Krafttraining, das entweder aus einer konzentrischen oder exzentrischen Beinstreckerübung bestand und 8 Sätze über 8 Repetitionen und mit 80% des 1-RM durchgeführt wurde, die MPS und die MPB in 8 untrainierten Teilnehmenden (4 Männer und 4 Frauen) erhöht [9]. Im Vergleich zur MPB, die 48 h nach dem Training wieder zum Ausgangsniveau zurückkehrte, war die MPS immer noch signifikant höher als das Ausgangsniveau (P < 0.01). Ist die MPS grösser als der MPB, ist die Nettobilanz positiv und der Proteingehalt erhöht sich. Die Muskeln wachsen. Krafttraining führt also dazu, dass die MPS länger anhält und sensitiviert den Muskel gegenüber dem Nahrungsprotein. Führen wir nun eine adäquate Menge an Protein zu, können wir das Muskelwachstum fördern. Wie ersichtlich wird, sind Proteine eine essentielle Komponente einer gesunden Ernährung, da sie Aminosäurenvorläufer für die Proteinsynthese und weitere Stoffwechselvorgänge im Köper liefern.

Fette, Kohlenhydrate und Proteine

Fette, Kohlenhydrate und Proteine werden auch Makronährstoffe genannt. Es handelt sich dabei um chemische Verbindungen, die sich in ihrer Zusammensetzung und Energiedichte unterscheiden. Die höchste physikalische Energiedichte besitzen Fette. 1 g Fett liefert etwa 9 Kilokalorien (kcal). Im Vergleich zu Kohlenhydraten mit 4 kcal oder Protein mit ebenfalls 4 kcal pro Gramm ist dies mehr als doppelt so viel. Makronährstoffe sind also Energiequellen, die im Muskel dazu verwendet werden können, aus chemischer Energie mechanische Arbeit zu erzeugen. Die Stoffwechselprozesse innerhalb des Körpers unterscheiden sich jedoch. Während Fette zwar eine hohe Energiedichte besitzen, kann diese Energie nur relativ langsam gewonnen werden. Kohlenhydrate liefern zwar weniger Energie, dafür schneller.

Die Ernährung spielt eine essentielle Rolle fürs Wohlbefinden und unsere Gesundheit. Sie ist ebenfalls ein Pfeiler im Bereich der Langlebigkeit. Daher spielt sie auch beim Sport eine wichtige Rolle. Einerseits dient sie als Energiequelle und fördert die Regeneration. Andererseits dient sie auch zur Förderung der Hypertrophie.

Wie ernähren sich Kraftsportler?

Slater und Phillips haben zu diesem Thema 2011 [10] bereits eine Guideline herausgegeben, die auch Bodybuilding umfasst. Die Daten wurden aufgrund von Ernährungsgewohnheiten zusammengetragen, die aus anderen Publikationen stammen. Bodybuilder nahmen dabei etwa 41 ± 10 kcal pro kg Körpermasse zu sich. Für jemanden mit 85 kg entspricht dies somit ungefähr 3521 ± 827 kcal pro Tag. Dabei setzte sich die Makronährstoffzufuhr wie folgt zusammen: 4 - 7.7 g Kohlenhydrate pro kg Körpermasse, 1.7 - 2.8 g Protein pro kg Körpermasse. Die Bodybuilder decken weiter 5 - 39% ihres Tagesbedarfs mit Fetten. Dies natürlich in Abhängigkeit der entsprechenden Trainings- oder Wettkampfvorbereitungsphasen. Frauen führten im Schnitt 30 ± 4 kcal pro kg Körpermasse zu. Davon setzt sich ihre Diät aus 3.5 - 5 g Kohlenhydraten und 1.5 - 2.0 g Protein pro kg Körpermasse zusammen. 7 - 28.1% des täglichen Energiebedarfs wurden je nach Phase mittels Fetten abgedeckt.

Chappel, Simper und Barker untersuchten 2018 [11] die Ernährungsstrategien von 51 Bodybuildern, die an Wettkämpfen teilnahmen. Das machten sie während der Wettkampfvorbereitungszeit von 22 ± 9 Wochen. Dabei verglichen sie unter anderem die besten 5 platzierten Männer und Frauen gegen die restlichen Teilnehmenden. In der Vorbereitungszeit reduzierten die Teilnehmenden ihre tägliche Energiezufuhr. Auffallend war, dass die besten 5 Männer eine höhere Kohlenhydrat Zufuhr (5.1 vs 3.7 g/kg Körpermasse) zu Beginn der Vorbereitungsphase hatten im Vergleich zu den Teilnehmern ausserhalb der Top 5. Die Autoren spekulierten, dass dies besser zur Erhaltung der Muskelmasse während der Vorbereitungsphase beitrug.

Die Zusammensetzung der Makronährstoffe, gemessen in Gramm pro Tag, während der Wettkampfvorbereitung bei den 5 Top platzierten Männer und Frauen setzte sich während drei Zeitpunkten wie folgt zusammen:

Das Startgewicht bei der Wettkampfvorbereitungsphase betrug bei den Top 5 Männern 82.5 ± 10.4 kg und bei den Frauen 64 ± 9.5 kg. Während der Wettkampfvorbereitung reduzierte sich die Körpermasse bei den Männern um 9.4 ± 5.6 kg und bei den Frauen um 10.2 ± 5.4 kg.

Ernährung im Kraftsport: Training, Erholung, und Ästhetik

Nicht nur im Sport ist die Ernährung essentiell. Sie kann auch signifikant zu einem längeren und gesünderen Leben beitragen [12]. Aber im Sport ist sie besonders wichtig, da sie einen Einfluss auf das Training, die Erholung sowie die Adaption hat. Im Kraftsport kulminiert das Zusammenspiel zwischen Ernährung, Training, Erholung, Adaption und Ästhetik. Letztere liegt bekanntlich im Auge des Betrachters. In dieser Sportart ist die Körperzusammensetzung von zentraler Bedeutung. Das bei (Kraft)sportlern sichtbare Sixpack steht in direktem Zusammenhang mit der Körperzusammensetzung. Ist der Körperfettanteil entsprechend gering, kommt die darunterliegende Muskulatur besser zur Geltung. Über die Ernährung kann die Körperzusammensetzung entsprechend reguliert werden.

Referenzen

  1. Wang ZM, Pierson RN, Heymsfield SB. The five-level model: A new approach to organizing body-composition research. Am J Clin Nutr. 1992;56: 19–28. doi:10.1093/ajcn/56.1.19
  2. Wang ZM, Shen W, Kotler DP, Heshka S, Wielopolski L, Aloia JF, et al. Total body protein: a new cellular level mass and distribution prediction model. Am J Clin Nutr. Elsevier; 2003;78: 979–984. doi:10.1093/AJCN/78.5.979
  3. Lee RC, Wang ZM, Heymsfield SB. Skeletal muscle mass and aging: Regional and whole-body measurement methods. Can J Appl Physiol. NRC Research Press Ottawa, Canada ; 2001;26: 102–122. doi:10.1139/h01-008
  4. Frontera WR, Ochala J. Skeletal Muscle: A Brief Review of Structure and Function. Calcif Tissue Int. 2015;96: 183–195. doi:10.1007/s00223-014-9915-y
  5. Phillip SM. Physiologic and molecular bases of muscle hypertrophy and atrophy: Impact of resistance exercise on human skeletal muscle (protein and exercise dose effects). Appl Physiol Nutr Metab. 2009;34: 403–410. doi:10.1139/H09-042
  6. Bennet WM, Connacher AA, Scrimgeour CM, Smith K, Rennie MJ. Increase in anterior tibialis muscle protein synthesis in healthy man during mixed amino acid infusion: Studies of incorporation of [1-13C]leucine. Clin Sci. Clin Sci (Lond); 1989;76: 447–454. doi:10.1042/cs0760447
  7. Bohé J, Aili Low JF, Wolfe RR, Rennie MJ. Latency and duration of stimulation of human muscle protein synthesis during continuous infusion of amino acids. J Physiol. John Wiley & Sons, Ltd; 2001;532: 575–579. doi:10.1111/j.1469-7793.2001.0575f.x
  8. Fujita S, Dreyer HC, Drummond MJ, Glynn EL, Cadenas JG, Yoshizawa F, et al. Nutrient signalling in the regulation of human muscle protein synthesis. J Physiol. John Wiley & Sons, Ltd; 2007;582: 813–823. doi:10.1113/JPHYSIOL.2007.134593
  9. Phillips SM, Tipton KD, Aarsland A, Wolf SE, Wolfe RR. Mixed muscle protein synthesis and breakdown after resistance exercise in humans. https://doi.org/101152/ajpendo19972731E99. American Physiological Society Bethesda, MD ; 1997;273. doi:10.1152/AJPENDO.1997.273.1.E99
  10. Slater G, Phillips SM. Nutrition guidelines for strength sports: Sprinting, weightlifting, throwing events, and bodybuilding. J Sports Sci. 2011;29: S67–S77. doi:10.1080/02640414.2011.574722
  11. Chappell AJ, Simper T, Barker ME. Nutritional strategies of high level natural bodybuilders during competition preparation. J Int Soc Sports Nutr. Journal of the International Society of Sports Nutrition; 2018;15: 1–12. doi:10.1186/s12970-018-0209-z
  12. Longo VD, Anderson RM. Nutrition, longevity and disease: From molecular mechanisms to interventions. Cell. The Authors; 2022;185: 1455–1470. doi:10.1016/j.cell.2022.04.002
Titelbild: shutterstock

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Molekular- und Muskelbiologe. Forscher an der ETH Zürich. Kraftsportler.


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