Hintergrund

Zeitreise ins Jahr 2014: Diese Gadgets waren vor zehn Jahren angesagt

Kevin Hofer
31.12.2023

2023 ist Geschichte. Statt eines Blicks in die Glaskugel für 2024 schaue ich zurück auf die Hype-Gadgets von 2014. Die Retrospektive zeigt: Es hat die letzten zehn Jahre wenig Revolutionen, dafür umso mehr Evolutionen gegeben.

Das Time Magazin kürt jährlich die besten Gadgets. So auch 2014. Genau, du hast richtig gelesen: nicht 2023, sondern 2014. Ich habe mir die Liste des renommierten Magazins von vor zehn Jahren angeschaut. Ich wollte wissen, welche Gadgets der damaligen Top 10 ihren Weg in unseren Alltag gefunden haben. Die kurze Antwort: verdammt viele. Die lange Antwort bringt mich zum Schluss, dass in den letzten zehn Jahren keine wirklich neuen, weltbewegenden Gadgets herausgekommen sind.

Hier die Top 10 des Time Magazines in aufsteigender Reihenfolge.

1. Apple Watch

Streng genommen erschien die Apple Watch erst 2015. Sie wurde aber bereits im Herbst 2014 vorgestellt, weshalb sie der Autor der Liste, Sam Frizell, an die Spitze gesetzt hat. Er schreibt, dass Apple das erste Unternehmen sein könnte, das Wearables allgegenwärtig macht.

Zehn Jahre später tragen tatsächlich viele Personen eine Smartwatch. Allgegenwärtig sind sie dennoch nicht. Es soll sogar Menschen geben, die sich nie eine kaufen werden. Auch sind die Verkäufe klassischer Uhren nicht etwa eingebrochen, vielmehr ist der Markt bis auf die Corona-Jahre sogar gewachsen. Dieser Trend dürfte sich die kommenden Jahre fortsetzen. Wobei auch den Smartwatches ein deutliches Wachstum prognostiziert wird.

Die erste Apple Watch hat Smartwatches zum Durchbruch verholfen.
Die erste Apple Watch hat Smartwatches zum Durchbruch verholfen.
Quelle: Peppinuzzo

Auch wenn sich Smartwatches durchgesetzt haben: Disruptiv waren und sind sie nicht. Sie sind vielmehr eine Ergänzung zum Smartphone. Das liegt wohl hauptsächlich an der Bedienung. Diese ist umständlicher als mit Smartphones. Auch sind die Uhren leistungstechnisch unterlegen.

Dank Künstlicher Intelligenz könnten beide Punkte in den nächsten Jahren dahinschmelzen. Ist deine Smartwatch mit dem Internet verbunden, werden die Rechenaufgaben in die Cloud ausgelagert und die Interaktion erfolgt mündlich über einen Chatbot. Für mich ist dennoch fraglich, ob das Smartwatches endgültig zum Durchbruch verhilft. Ein visuelles Interface ist für mich unerlässlich. Sprechen mag ich mit meinem Endgerät nicht.

2. Smarthome

Frizell hat an zweiter Stelle seiner Liste das SmartThings Starter Kit und an zehnter die Türklingel von Ring. Diese beiden Gadgets fasse ich unter dem Begriff Smarthome zusammen. Ich gehe in der Folge nicht weiter auf die Gadgets, sondern das Smarthome als Ganzes ein.

Auch wenn die Anfänge des intelligenten Zuhauses mit dem ECHO IV zurück in die 1960er reichen, hat sich in dem Bereich vor allem in den letzten zehn Jahren einiges getan. Was 2014 neu war, wurde in der Zwischenzeit weiterentwickelt und ist heute auch mancherorts anzutreffen. Dennoch sind wir weit entfernt von einer Welt wie jene der Jetsons, die Frizell in seiner Liste erwähnt.

Am häufigsten anzutreffen dürfte heute die intelligente Beleuchtung sein. Auch Video-Türklingeln habe ich bereits im Einsatz gesehen. Dies aber nur bei Einfamilienhäusern. Sowieso dürfte sich die Heimautomatisierung vor allem bei Eigentumswohnungen respektive -häusern durchsetzen. Wer macht schon grössere Eingriffe in einer Mietwohnung oder darf das überhaupt?

Smarthome-Geräte haben sich in den letzten zehn Jahren etabliert. Hoffentlich wird die Zukunft nicht so steril wie auf diesem Stock-Bild.
Smarthome-Geräte haben sich in den letzten zehn Jahren etabliert. Hoffentlich wird die Zukunft nicht so steril wie auf diesem Stock-Bild.
Quelle: Shutterstock / Andrew Angelov

Nicht jedes Türschloss oder jeder Thermostat lässt sich nachrüsten. In älteren Gebäuden erweist sich die Heimautomatisierung deshalb als schwierig. Auch bei neueren Bauten muss die Bauherrschaft gewillt oder fähig sein, genug Geld in die Hand zu nehmen.

Nebst der physischen Inkompatibilität existieren verschiedene Verbindungsstandards. Immerhin tut sich in diesem Bereich etwas, Standard Matter sei dank. Dennoch denke ich, dass wir auch in zehn Jahren noch nicht wie die Jetsons leben werden – ausser vielleicht in The Line, wenn das megalomanische Projekt überhaupt jemals fertig gebaut wird. Die Frage ist nur: Wer will so leben?

3. DJI Phantom Vision+

Kaum vorstellbar, aber vor zehn Jahren war eine DJI-Drohne tatsächlich innovativ genug, um es in die Top-3-Gadgets-Liste von Time zu schaffen. Das spricht nicht gegen die Auswahl des Magazins, sondern gegen mein Langzeitgedächtnis. In meinem Kopf waren Drohen für Privatpersonen 2010 der letzte Schrei. Aber anscheinend hob der Markt erst Mitte der 10er Jahre ab.

Seitdem vergeht kein halbes Jahr, in dem DJI nicht eine neue Drohne ankündigt, die sich kaum von der nächst besseren oder schlechteren unterscheidet. Tatsächlich haben sich die Drohnen für Private dennoch deutlich weiterentwickelt. 2014 erforderte es trotz allem Hype Fingerspitzengefühl, um eine Drohne so zu steuern, dass du ob den Aufnahmen nicht seekrank wurdest. Heute können sogar vorschulpflichtige Kinder Drohnen steuern.

Drohnen für Private waren 2014 noch selten. Heute sind sie aus unserem Alltag nicht wegzudenken.
Drohnen für Private waren 2014 noch selten. Heute sind sie aus unserem Alltag nicht wegzudenken.
Quelle: Shutterstock / LCV

Auch wurden die Dinger immer handlicher und erschwinglicher. Selbst der kleinste Youtuber macht heute Drohnenaufnahmen. Die Vielfliegerei rief die Politik auf den Plan, die das Ganze reglementierte. Drohnen sind heute definitiv in Gesellschaft angekommen – wenn auch aufgrund der Reglemente nicht mehr so, wie in den Wild-West-Jahren.

4. Oculus Rift Development Kit 2

Ach, Virtual Reality. Wie oft wurde dir bereits der Durchbruch prophezeit? 2014 war es die Oculus Rift, die alles auf den Kopf stellen sollte. Die Firma Oculus wurde im gleichen Jahr für zwei Milliarden von Facebook gekauft. Zehn Jahre später heisst Facebook «Meta» und auch die VR-Headests erscheinen unter diesem Namen. Firmengründer Mark Zuckerberg hat den Namen geändert, weil er das Metaverse erschaffen will – seine Vision eines virtuellen, immersiven Internets. Dazu soll ein VR-Headset Pflicht sein.

Die Oculus Rift sollte VR endlich zum grossen Durchbruch verhelfen. Vielleicht klappt es 2024 mit der Vision Pro von Apple.
Die Oculus Rift sollte VR endlich zum grossen Durchbruch verhelfen. Vielleicht klappt es 2024 mit der Vision Pro von Apple.
Quelle: Shutterstock / Peppinuzzo

Heute glaubt niemand mehr so richtig ans Metaverse. Auch der Hype um die VR-Headsets von Meta ist nicht mehr so gross wie auch schon. Dieses Jahr hat jedoch Metas schärfster Konkurrent Apple seine eigene VR-Brille vorgestellt: die Vision Pro. Dem Hersteller mit dem Apfel im Logo ist es in der Vergangenheit bereits öfters gelungen, Bestehendes besser zu machen und geschickt zu vermarkten. Vielleicht setzt sich VR endlich durch. Oder auch nicht. Wer setzt sich schon gerne so ein Ding auf den Kopf?

Insgesamt sind Virtual Realtiy Headset heute kein Novum mehr – was sie auch schon in den Neunzigern nicht waren. Sie sind in der Gesellschaft aber sicherlich präsenter als auch schon.

5. iPhone 6 Plus

Der Grund, wieso es das achte (!) Modell des iPhones auf die Liste geschafft hat: der grosse Screen. Gross bedeutete damals 5,5 Zoll. Heute findest du nur wenige Smartphones, die kleiner sind. Fans kleiner Telefone sehnen sich heute geradezu nach 5,5 Zoll.

2014 waren Screens jenseits von 5 Zoll Grösse eine Seltenheit. Das iPhone 6 Plus war mit 5,5 Zoll ein Riese.
2014 waren Screens jenseits von 5 Zoll Grösse eine Seltenheit. Das iPhone 6 Plus war mit 5,5 Zoll ein Riese.
Quelle: Shutterstock / Leszek Kobusinski

Ich finde es erstaunlich, dass es ein Gadget aufgrund seiner Bildschirmgrösse in die Liste des Time Magazine geschafft hat. Zumal das iPhone 6 Plus die Antwort Apples auf das Samsung Galaxy S5 war. Samsung machte schon vorher grössere Smartphones. Der Trend wurde also eigentlich von einer anderen Firma losgetreten.

6. GoPro Hero4

Auch bei der Actioncam aus dem Hause GoPro frage ich mich, wieso sie auf der Liste steht. Wie bereits das iPhone oder die Oculus Rift ist das Gadget mehr Evolution statt Revolution. Es verbessert lediglich das Bestehende und macht nichts wirklich Neues. Etwas, das sich bei GoPro bis heute hinzieht. Klar, die Dinger werden immer besser und das ist auch gut und wichtig. Im Grunde sind sie aber immer Actioncams. Dasselbe gilt für neuere Player auf dem Markt wie Insta360. Actioncams waren bereits 2014 etabliert.

Die GoPro war bereits 2014 kein Novum. Wieso sie es damals in die Top 10 Liste geschafft hat, ist mir rätselhaft.
Die GoPro war bereits 2014 kein Novum. Wieso sie es damals in die Top 10 Liste geschafft hat, ist mir rätselhaft.
Quelle: Shutterstock / Tooykrub

7. Mophie Space Pack

Das Mophie Space Pack ist eigentlich eine nette Idee: Die Schutzhülle vereint Akku- und Flashspeicher-Erweiterung. Letzteres ist im Zeitalter von Cloud-Speicher und Video- sowie Musik-Streaming überholt. Aber der Akku bei Smartphones ist auch heute noch knapp. Da die meisten Leute ihr Telefon sowieso in eine Hülle packen, liesse sich das gut kombinieren.

Akkuhüllen wurden 2014 gehypt. Heute findest du kaum welche.
Akkuhüllen wurden 2014 gehypt. Heute findest du kaum welche.
Quelle: Mophie

Solche Akkuhüllen gibt es auch heute noch. Hauptsächlich für iPhones. Das liegt wohl an deren Verbreitung und den entsprechend grossen Stückzahlen an Akkuhüllen, die sich herstellen lassen. Aber wirklich durchgesetzt haben sie sich nicht. Ich vermute, dass die Hüllen das Smartphone schlicht zu schwer und klobig machen. Zudem gibt es günstigere Alternativen wie Powerbanks. Diese sind zudem vielseitiger einsetzbar als die Ladehülle.

8. Jawbone UP3

Nach der Apple Watch schaffte es mit dem Jawbone UP3 ein weiteres Wearable auf die Liste des Time Magazine. Fitnesstracker gab es bereits 2014. Der UP3, so Autor Sam Frizell, mache jedoch alles besser als seine Vorgänger. Jawbone setzte als einer der ersten auf kleine Armbänder statt klobiger Uhren.

Der Jawbone UP3 war 2014 einer der kleinsten und damit wohl praktischsten Fitnesstracker.
Der Jawbone UP3 war 2014 einer der kleinsten und damit wohl praktischsten Fitnesstracker.
Quelle: Jawbone

Ironischerweise versetzte der UP3 Jawbone den Todesstoss. Das 1999 gegründete Unternehmen kämpfte bereits 2014 mit finanziellen Problemen. Der UP3 war zudem ein fehlerhaftes Produkt und verkaufte sich aufgrund dessen schlecht. Fitbit, Garmin, Apple und Co. machten Jawbone Marktanteile streitig. Die Firma ging 2017 konkurs.

Auch wenn es Jawbone heute nicht mehr gibt, sind Fitnesstracker nach wie vor in.

9. iPad Air 2

Mir leuchtet nicht ein, wieso es das iPad Air 2 auf die Liste geschafft hat. Es war weder das erste iPad noch das erste iPad Air. Es handelte sich lediglich um Produktpflege in Form eines neuen Chips und daraus leicht angepasstem Äusserem. Das Gerät hat absolut nichts neu gemacht.

Wie dem auch sei: Auch heute gibt es das iPad Air noch. Die neueste Version stammt von 2022.

Was das iPad Air 2 in der Bestenliste verloren hat, leuchtet mir nicht ein.
Was das iPad Air 2 in der Bestenliste verloren hat, leuchtet mir nicht ein.
Quelle: Shutterstock / mama_mia

Mehr Evolutionen statt Revolutionen

Vieles auf der Liste der Top 10 Gadgets der Time war bereits 2014 nicht grundlegend neu. Meist handelte es sich um Weiterentwicklungen der Vorgängermodelle. Das Erschreckende: Viele dieser Top 10 Gadgets könntest du auch auf die Liste für 2023 setzen – selbstverständlich in ihrer aktualisierten Version.

Das zeigt mir, dass es in den letzten zehn Jahren keine wirklichen Revolutionen in Sachen Gadgets gegeben hat. Die Gadget-Welt wartet nach wie vor auf die nächste disruptive Technologie. Etwas, das unseren Alltag nachhaltig verändern wird. Das letzte solche Gadget stammt von dem Konzern, den ich in dieser Liste mehr als einmal für seine Nicht-Revolutionen getadelt habe: Apple. Mit dem ersten iPhone 2007.

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Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.

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