Dreieinhalb Gründe für Einwegbatterien
Grundsätzlich sind Akkus für die Umwelt die besseren Batterien. Es gibt aber Situationen, in denen die Einwegbatterie trotzdem eine gute Wahl ist. Ist dieser Batterietyp deshalb Bestseller im Shop?
Fliegen, Fleisch essen, Verbrenner fahren – und Einwegbatterien verwenden. Wer den Planeten vor der Überhitzung bewahren will, sollte all das nicht tun. Entsprechend gross war der Aufschrei, als ich in einem Beitrag kürzlich die neu lancierten Batterien von Digitec vorgestellt habe. Exemplarisch für die Empörung steht dieser Kommentar:
Und ja, in vielen Fällen sind wiederaufladbare Batterien tatsächlich eine gute Wahl. Wann immer es geht, solltest du deshalb auf Akkus setzen. Ich selbst habe zum Beispiel immer noch die Exemplare von Pale Blue im Einsatz, die ich 2022 getestet habe.
Trotzdem gibt es Einsatzbereiche, in denen die Einwegbatterien ihren Akku-Kollegen überlegen sind.
1. Für die lange Lagerung
Am häufigsten sind Einwegbatterien Alkali-Mangan-Zellen, kurz Alkaline. Sie entladen sich im Vergleich zu Akkus weniger stark, wenn sie nicht verwendet werden. Für den Notvorrat sind sie deshalb die bessere Wahl, damit du im Fall der Fälle die Taschenlampe oder das Taschenradio auch betreiben kannst und nicht leere Akkus in der Hand hast, die du dann gerade nicht laden kannst.
2. Für mehr Spannung
Alkaline-Batterien liefern in der Regel eine höhere Nennspannung als wiederaufladbare Batterien. Sie liegt bei etwa 1,5 Volt für eine AA-Batterie. Wiederaufladbare Batterien aus Nickel-Metallhydrid (NiMH) oder Nickel-Cadmium (NiCd) sind hier schwächer. Ihre Nennspannung liegt im Bereich von 1,2 Volt. Wenn du Geräte einsetzt, die eine Mindestspannung benötigen, sind Einwegbatterien also mitunter besser. Allerdings verlieren auch Alkaline-Batterien an Spannung, während sie sich entladen. Der Verlauf der Spannungskurve kann je nach Hersteller stark variieren. Es gibt jedoch inzwischen auch Akkus, die eine hohe Anfangsspannung liefern. In der Regel sind das solche, die mit Lithium-Ionen-Technik funktionieren.
3. Für den Langzeitgebrauch
Dort, wo ein Gerät nur selten in Gebrauch ist oder wenig Strom braucht, können Alkaline-Batterien ebenfalls die bessere Wahl sein. Typische Beispiele sind die Fernbedienung, der Wecker, die Wetterstation oder die Steuerung der Bewässerung im Garten. Während Akkus hier häufig recht schnell aufgeben, halten klassische Batterien ihre Ladung in der Regel besser und länger. Auch sind sie weniger anfällig bei Temperaturschwankungen.
4. Fürs (kurzfristige) Sparen
Okay, das folgende Argument trifft nur zu, wenn du die gesamte Lebenszeit einer wiederaufladbaren Batterie nicht in Betracht ziehst. Dennoch: Wer hohe Anfangsinvestitionen scheut, könnte dazu tendieren, Einwegbatterien zu kaufen. Denn für wiederaufladbare Batterien musst du mehr Geld auf den Tisch legen – und brauchst zudem noch ein passendes Ladegerät. Trotzdem rechnet sich der höhere Einstandspreis in der Regel schon nach wenigen Malen. Argument vier für Einwegbatterien zählt deshalb nur zur Hälfte.
Batterien sind in jeder Form teurer als Strom aus der Steckdose
Einen gravierenden Nachteil haben Batterien in jedem Fall, egal ob sie wiederaufladbar oder für den einmaligen Gebrauch gemacht sind: Der Strom, den sie liefern, ist im Vergleich zu dem aus der Steckdose unfassbar teuer. Jedes Watt aus einer Batterie ist bis zu 300-mal so teuer. Mit Akkus lässt sich dieser Wert nach unten drücken. Aber Geräte, die einen eingebauten Akku haben, sind kostenmässig denen überlegen, bei denen du die Batterien wechseln musst.
Die Energiebilanz ist ähnlich negativ: Bei ihrer Herstellung haben Batterien einen 40- und 500-mal höheren Energiebedarf als sie später bei der Nutzung zur Verfügung stellen. Immerhin: Wer Batterien durch Akkus ersetzt, kann ein halbes Kilogramm klimarelevantes Kohlendioxid pro Servicestunde der Batterie sparen.
Batterien-Recycling ist aufwändig
Gebrauchte Haushaltsbatterien sind Sondermüll. In älteren Batterien stecken häufig noch schädliche Schwermetalle wie Cadmium und Quecksilber. In Deutschland, Österreich und der Schweiz landet zum Glück ein sehr hoher Anteil der Batterien tatsächlich in dafür gedachten Sammelstellen. Gemäss der Branchen-Organistaion Inobat liegt die Quote in der Schweiz bei etwa 80 Prozent und ist die weltweit höchste. Das dürfte unter anderem daran liegen, dass Verkäufer von Batterien zur Rücknahme verpflichtet sind. Oder ist es ein Verdienst des Battery Man?
Abgegebene Batterien müssen aufwändig sortiert werden, bevor ein Teil davon in spezialisierten Recyclingbetrieben geschreddert und in einzelne Bestandteile getrennt wird. Ziel ist es, die wertvollen Rohstoffe wie Blei, Eisen, Kobalt, Lithium, Nickel, Mangan und Zink zurückzugewinnen. Das belastet die Umwelt insgesamt weniger, als wenn sie neu abgebaut werden müssen.
Unterschied zwischen Überzeugung und Handlung
Zum Schluss noch einmal zurück zu den Kommentaren, die es zu den neuen Einwegbatterien von Digitec gab. Man könnte daraus zum Schluss gelangen, kein Mensch, der bei Verstand ist, dürfte oder würde gar solche Batterien kaufen – egal ob von Digitec oder von anderen Herstellern.
Die Zahlen in unserem Shop zeigen aber, dass nicht die wiederaufladbaren Batterien die Bestseller sind, sondern die für den einmaligen Gebrauch. Vielleicht füllt sich der ein oder die andere damit tatsächlich noch den Warenkorb, um den Mindermengenzuschlag zu umgehen. Aber das dürfte nicht der Hauptgrund sein.
Vielmehr könnte hier ein Fall der kognitiven Dissonanz vorliegen. Wir haben in vielen Bereichen des Lebens feste Überzeugungen, zum Beispiel, dass Akkus die überlegenen Batterien sind und doch wohl niemand mehr Einwegbatterien gut finden könne. Treffen diese Einstellungen nun auf die Realität, in diesem Fall die neu lancierten Einwegbatterien von Digitec, entsteht eine unangenehme, innere Spannung, wie die Sozialpsychologie es nennt. Diese Dissonanz sind wir bestrebt zu beheben. Deshalb kaufen wir vielleicht bewusst ein paar Akkus. Oder wir kommentieren gegen diese Einwegbatterien an.
Ein ähnlicher Fall ist übrigens die Plastikverpackung im Supermarkt. Kommt eine Gurke in Cellophanhülle oder sind die Mandarinen im Plastiknetz, finden das alle ganz schlimm. Dass aber die Gurke ohne Plastik schneller an Frische verliert oder dass eine Kartonverpackung mehr Ressourcen bei der Herstellung braucht, schwerer ist, damit beim Transport mehr CO2 verursacht – das sind Fakten, die aber ausgeblendet werden. Das führt soweit, dass Supermärkte entgegen der Faktenlage, Dinge in Karton verpacken statt in umweltfreundlicheres Plastik. Einfach, weil die Kundschaft nicht bereit ist, ihren einmal gefassten Glauben zu hinterfragen und sich auch nicht bevormunden lassen möchte.
Titelfoto: Martin JungferJournalist seit 1997. Stationen in Franken, am Bodensee, in Obwalden und Nidwalden sowie in Zürich. Familienvater seit 2014. Experte für redaktionelle Organisation und Motivation. Thematische Schwerpunkte bei Nachhaltigkeit, Werkzeugen fürs Homeoffice, schönen Sachen im Haushalt, kreativen Spielzeugen und Sportartikeln.