Willkommen im Mainstream: Die Oppoisierung von OnePlus
OnePlus und Oppo nähern sich technologisch und optisch immer weiter an. Aus Business-Sicht ist das sicher sinnvoll. Aber OnePlus hat ein Image zu verlieren.
OnePlus hat als kleines Start-up angefangen, war aber schon immer Teil eines großen Konzerns. Zuletzt wurde die Zusammenarbeit mit der Schwestermarke Oppo intensiviert – und das merkst du den Smartphones an.
Vom Underdog in den Mainstream
OnePlus verliert nach und nach das Image des coolen Underdogs und kommt immer mehr im Mainstream an. Das bedeutet nicht automatisch, dass die Geräte dadurch schlechter werden. Für eine Firma, die Gewinn machen will, ist die breite Masse ja sogar das Ziel. In der Nische lässt sich nicht viel Geld verdienen.
Die Begeisterung der ersten Jahre geht aber immer weiter verloren. Das OnePlus One kostete 2014 nur 399 Euro – schon damals deutlich weniger als die Top-Modelle anderer Hersteller, mit denen es sich bei der Ausstattung auf Augenhöhe bewegte. Puristen würden sagen, der «Niedergang» begann bereits mit dem OnePlus 3 und der Abkehr von der einzigartigen Sandstone-Rückseite. Oder doch erst mit der Einführung von günstigen Einstiegsmodellen?
Jahrelang betonte OnePlus nur ein Smartphone im Jahr mit der bestmöglichen Technik auf den Markt bringen zu wollen. Dann kamen bereits 2016 die T-Modelle als halbjährliche Aktualisierung und 2020 die Nord-Serie für Mittelklasse- und Einstiegsmodelle hinzu. Nicht falsch verstehen, das sind immer noch gute Smartphones und ich habe selber oft genug nachgefragt, wann denn endlich ein Nachfolger des versehentlichen Mittelklasse-Modells OnePlus X von 2015 erscheint. Für OnePlus machen die günstigen Nord-Smartphones nach eigenen Angaben inzwischen einen Großteil der verkauften Geräte aus. Es lohnt sich also finanziell. Aber das Markenimage ändert sich.
Derzeit ist OnePlus an einem Punkt, an dem die Zusammenarbeit mit Oppo noch nicht negativ wahrgenommen wird. Allerdings bewegen sich beide Marken auf einem schmalen Grat an der Grenze, an der die Stimmung umschlägt. Zu viel Oppo und zu wenig OnePlus und das mühsam aufgebaute Image des Flaggschiff-Killers ist hinüber und die begeisterungsfähige Community wendet sich ab.
Technologietransfer
Im Juli 2021 gab OnePlus bekannt, in Zukunft mit Oppo gemeinsam an der Software für ihre Smartphones zu arbeiten. Dadurch sollen Softwareupdates schneller, verlässlicher und über längere Zeiträume erstellt werden können. Die Zusammenarbeit solle aber im Hintergrund erfolgen. Auf den Geräten sollen die Oberflächen OxygenOS und ColorOS weiterhin unterschiedlich aussehen und den Smartphones einen eigenen Touch geben. Das ist bisher auch der Fall, aber die Zusammenarbeit wird auch an anderen Stellen sichtbar.
Als ich das OnePlus Nord CE 2 zum Test auspackte, erinnerte mich der Kamerabuckel auf der Rückseite stark an Smartphones von Oppo. Das Design kannte ich von dort und es war ganz anders als bisher bei OnePlus. Meinen Verdacht, hier wäre nur ein Oppo-Smartphone mit einem anderen Namen versehen worden, bestätigte sich nicht. Zumindest habe ich bislang kein Modell von Oppo mit der gleichen Ausstattung gefunden. Es bleibt also bei der Oppo-Hülle mit den OnePlus-Innereien. Vorerst.
Beim Design des OnePlus 10 Pro habe ich dagegen gar keine Oppo-Vibes verspürt. Das ist optisch wieder was ganz Neues und Eigenes von OnePlus.
Mit dem Nord CE 2 und 10 Pro hat OnePlus zudem seine Schnellladetechnologie umgestellt. Statt des eigenen WarpCharge kommt nun SuperVooc wie bei Oppo zum Einsatz. Die Zusammenarbeit funktioniert aber auch in die andere Richtung. Der Kamerahersteller Hasselblad war zuerst Kooperationspartner beim OnePlus 9 und gelangte von dort auch zum Oppo Find X5 Pro.
Ein Konzern, mehrere Marken
Diese Beobachtungen sind nicht mit genereller Kritik an der Zusammenarbeit von Oppo und OnePlus zu verwechseln. Eine einheitliche Schnellladetechnologie über Marken und Hersteller hinweg ist begrüßenswert. Vor allem im Vergleich zum aktuellen Zustand, wo sich der Akku ohne das Original-Netzteil und Kabel nur langsam lädt. Über coole Kamerafunktionen freue ich mich ebenfalls, die dürfen dann auch gerne von anderen übernommen sein.
Die Markenstrategie von BBK, dem Konzern hinter OnePlus und Oppo sowie Vivo und Realme, kann mir als Konsument egal sein. Hauptsache, ich habe am Ende ein gutes Smartphone in der Hand. Und bei OnePlus ist das immer noch der Fall.
Ein Blick in die Autoindustrie zeigt, dass solch eine Multimarkenstrategie erfolgreich sein kann. Zumindest scheint mir als Laie Volkswagen mit seinen zehn Marken in den vergangenen Jahren ordentlich Geld zu verdienen. Allerdings gestalten sich die Zielgruppen für Smartphones anders als für Autos. Gefühlt konkurrieren die vier BBK-Marken mit ihren Smartphones mehr miteinander als die mehr als doppelt so vielen Marken von Volkswagen.
Geht die Oppoisierung von OnePlus aber zu weit – etwa mit einem nur hastig umgelabelten Oppo-Smartphone als neues OnePlus-Modell – kann BBK das erfolgreiche Projekt ganz schnell abschreiben. Und das könnte früher passieren als wir denken. Das geleakte Oppo Reno 8 sieht verdammt danach aus, als wäre es unter anderem Umständen das OnePlus 10 – ohne Pro – geworden.
Als Grundschüler saß ich noch mit vielen Mitschülern bei einem Freund im Wohnzimmer, um auf der Super NES zu spielen. Inzwischen bekomme ich die neueste Technik direkt in die Hände und teste sie für euch. In den letzten Jahren bei Curved, Computer Bild und Netzwelt, nun bei Galaxus.de.