Samsung Galaxy Flip 6 im Test: endlich eine richtig gute Kamera
Klappe, die fünfte. Mit jeder Generation verbessert Samsung das Galaxy Flip ein wenig. Dieses Jahr sind Akku und Kameras an der Reihe. Ob das reicht, muss der Test zeigen.
Mail getippt und zack, ganz zufrieden das Flip zugeklappt. Restaurant gesucht und zack, triumphierend das Samsung gezückt und aufgeklappt. Der Klappmechanismus macht auch in der fünften Generation Spass. Jedes Mal ist es ein bewusster Akt: Das Handy aufklappen, um darauf etwas zu erledigen. Dann zuklappen und die Smartphone-Zeit ist wieder vorbei.
Das ist für mich eines der Hauptargumente für die kleinen Falttelefone. Ich nutze sie viel bewusster als ein normales Smartphone, und es passiert mir viel seltener, dass ich das Smartphone zücke und irgendetwas rumdrücke, nur um mich zu beschäftigen.
Das Prinzip des Smartphones in normaler Grösse, das ich in der Hälfte knicken und so zusammenfalten kann, hat Samsung als erste Marke massentauglich gemacht. Das Galaxy Flip 6 ist bereits die fünfte Generation (weil es kein Flip 2 gab).
Im Alltag muss das Galaxy Flip 6 beweisen, dass Samsungs Taktik immer noch aufgeht: nämlich das Flip Jahr für Jahr leicht zu verbessern, aber keine grossen Innovationen mehr zu wagen.
Akku: besser, aber noch nicht gut genug
Statt 3700 mAh wie im Flip 5 hat das Flip 6 einen Akku mit 4000 mAh eingebaut. Im Alltag bin ich normalerweise knapp durch den Tag gekommen. Habe ich die Kamera oft genutzt, im Mobilfunk Daten abgerufen und Google Maps als Navi genutzt, musste ich tagsüber eine Powerbank bemühen.
Für mich ist die Akkulaufzeit in Ordnung, aber richtig gut ist sie immer noch nicht. Das zeigt sich auch beim PC Mark 3.0 Battery Life Test, der eine intensive Nutzung simuliert. Von den unter gleichen Bedingungen getesteten Handys hat das Flip 6 den schlechtesten Wert erreicht.
Foto: Das Flip hält mit den Besten mit
Das Flip hat endlich eine bessere Hauptkamera bekommen, die mit 50 statt 12 Megapixeln auflöst. Es nutzt nun denselben Sensor wie im Galaxy S24 und S24+. Den Sensor mit Weitwinkelobjektiv hat Samsung ebenfalls verbessert – allerdings nicht bei der Auflösung. Gleich geblieben ist die Selfiekamera mit 10 Megapixeln, die ich nur für Videocalls genutzt habe. Dafür ist sie okay, Aufnahmen würde ich damit nicht unbedingt machen.
Selfies habe ich immer mit der Hauptkamera geschossen. Das geht ausgezeichnet, weil ich den Aussenscreen als Sucher genutzt habe. Praktisch: Beim Fotografieren schaltet das Flip automatisch eine Verzögerung ein. Ich starte die Kamera mit einem Doppelklick auf den Powerbutton, tippe dann einmal auf den Touchscreen, und schon startet der dreisekündige Countdown.
Um die Fotoqualität zu vergleichen, muss sich das Samsung-Smartphone in diesem Test mit einem Vertreter der Oberklasse messen, nämlich dem iPhone 15 Pro. Dieses ist ab rund 900 Franken erhältlich und damit im ähnlichen Preisbereich wie das Flip 6.
Tatsächlich überzeugen die Selfies mit der Hauptkamera auch im Test. Der Schnappschuss vor der Kathedrale in Santiago de Compostela wirkt auf dem iPhone-Bild rechts flach, weil alles gleich scharf ist und von der Software stark nachbearbeitet wurde. Das sieht auf dem Handybildschirm gut aus, es gehen aber viele Details verloren. Auf der Stirn etwa sind einzelne Pixel zu erkennen.
Die Selfieaufnahme mit der Hauptkamera des Flip dagegen hat eine natürliche Tiefe. Die Person im Vordergrund ist im Fokus, der Hintergrund leicht unscharf. Die Farben haben übrigens beide Modelle nicht so wirklich getroffen: Samsungs Foto hat etwas zu viel Gelbstich, jenes des iPhones ist etwas zu rötlich.
Wie schlägt sich das Flip im Vergleich zur Hauptkamera des iPhone 15 Pro, die mit 48 Megapixel auflöst? Der Test zeigt: Es hält sehr gut mit, beispielsweise in dieser Aufnahme mit schwierigen Lichtverhältnissen. Die Kathedrale liegt im Schatten, der Himmel und die Strasse sind vergleichsweise hell.
Samsung hellt die Fassade deutlich stärker auf als Apple, zudem wird das Blau des Himmels hervorgehoben. Wieder ist das Flip-Foto deutlich gelbstichiger, was aber nicht stört und auch den Farbton der Steine gar nicht schlecht trifft. Insgesamt sind die Aufnahmen qualitativ ähnlich gut: Das 15 Pro bleibt näher an der Realität und wirkt unspektakulärer, das Flip 6 macht gleich eine instagramtaugliche Aufnahme, die nicht mehr gross bearbeitet werden muss.
Dieser Eindruck von «anders, aber gleich gut» bestätigt sich bei Nachtaufnahmen. Das iPhone bildet die gelbe Laterne detaillierter ab, beim Faltphone sind bei der roten Laterne alle Feinheiten erkennbar. Die Blätter des Zweigs sind beim iPhone deutlicher erkennbar, während sie beim Flip natürlicher wirken. Mir gefallen beide Aufnahmen sehr gut – auch wenn sie jeweils einen etwas anderen Look bieten.
Schauen wir uns noch die Weitwinkelkamera an. Sowohl Samsung als auch iPhone haben einen 12-Megapixel-Sensor eingebaut. Die Resultate sind bei beiden überzeugend – trotz massivem Gegenlicht in der Aufnahme. Das Flip hellt wiederum stärker auf, die Software greift stärker ein als beim 15 Pro. Das sieht bei den Häusern gut aus, der Bereich rund um die Sonne ist jedoch etwas überbelichtet.
Insgesamt hält das Samsung Galaxy Flip 6 dank des Upgrades für die Hauptkamera nun mit den Besten der Besten mit. Bei den Selfies schlägt es sogar die meisten anderen Smartphones. Verzichten musst du allerdings auf einen optischen Zoom.
Der hohe Qualitätsstandard zeigt sich auch bei Videos. Die integrierten Mikrofone sind brauchbar, selbst wenn es ein wenig windet. Wer im Vlog-Style filmt, hat den grossen Vorteil, dass er die eigene Moderation und die restlichen Aufnahmen in derselben Qualität drehen kann, wie du in diesem Beispiel sehen kannst.
Übrigens: Sehr praktisch ist der Camcorder-Modus. Ich halte das Flip quer und klappe die eine Hälfte des Screens bis in den 90-Grad-Winkel. Auf der einen Hälfte des Bildschirms sehe ich nun den Videosucher, die andere Hälfte dient als Halterung und als Bedienelement. Das ist wirklich eine tolle Lösung für wackelfreie Aufnahmen und gibt mir ein Videokamera-Feeling.
Prozessor: Viel Leistung, ausser bei Hitze
Samsung hat nicht nur Akku und Kameras verbessert, sondern dem Flip 6 wie jedes Jahr den aktuellen Top-Prozessor für Android-Smartphones spendiert, den Snapdragon 8 Gen 3. Dementsprechend kann das Falttelefon in den Benchmarks auftrumpfen. Es hält problemlos mit Flaggschiffen wie den beiden Ultra-Modellen von Xiaomi und Samsung mit.
Das normale Galaxy S24 mit dem Samsung-eigenen Exynos-Prozessor wird damit klar überholt, das Pixel 8 Pro mit dem Google-Prozessor sogar distanziert. Was vielleicht noch wichtiger ist: Im Benchmark-Test habe ich einen deutlichen Unterschied zum Vorgänger, dem Galaxy Flip 5, gemessen.
Zwei Dinge sind aber viel wichtiger als solche Messungen: Das Flip läuft im Alltag ruckelfrei und ohne Verzögerungen. Die Performance ist ausgezeichnet. Zudem ermöglicht der Chip, dass das Flip 6 sieben Jahre Android-Updates und Sicherheitspatches erhält. Der Vorgänger bekommt nur vier Jahre Android-Updates und fünf Jahre Sicherheitsupdates.
Drei negative Punkte sind mir im Test aufgefallen: Der Akku lädt weiterhin nur mit maximal 25 Watt an der Steckdose. Zudem verzichtet Samsung weiterhin auf den neuen Qi2-Standard fürs drahtlose Laden. Bei den sommerlichen Temperaturen ist das Flip 6 zudem immer wieder spürbar heiss geworden. Benutzen lässt es sich weiterhin problemlos, allerdings wird die Leistung des Prozessors dann deutlich gedrosselt. Das habe ich festgestellt, als ich bei fast 30 Grad Innentemperatur Benchmark-Tests machen wollte – und dabei viel zu niedrige Werte und ein heisses Gehäuse erhalten habe.
Vieles ist gleich gut, aber eben auch nicht besser
Beim Design hat Samsung kaum etwas verändert. Die Ringe in Gehäusefarbe rund um die zwei Kameralinsen sind ein gefälliger optischer Akzent. Ich hätte mir jedoch, wie beim Fold, ein dünneres, eleganteres und moderneres Gehäuse gewünscht.
Das Flip 6 fühlt sich im Alltag nicht anders an als die Vorgänger. Der Screen mag heller sein. Aber der war vorher schon mehr als ausreichend. Der Falz im faltbaren Display ist immer noch spürbar und je nach Lichteinfall sichtbar. Mich hat das früher nicht gestört und auch jetzt wäre das für mich kein Grund, das Klapptelefon zu verschmähen.
In einem Bereich hat mich der Innovationsstillstand aber gestört – und zwar beim Aussendisplay. Dieses zeigt weiterhin nur Widgets an. Wer Apps nutzen will, muss diese über einen Umweg installieren.
Eigentlich sind auf den 1,5-Zoll-Screen optimierte Widgets besser geeignet als Apps, die für grosse Screens gedacht sind. Aber leider sind die zur Verfügung stehenden Anwendungen oft viel zu simpel. Beispielsweise das Widget für Nachrichten: Ich kann zwar direkt über den Aussenscreen antworten – sogar mit cleveren, KI-generierten Textbausteinen – aber ich sehe nicht die gesamte Konversation in einem Chat, sondern nur die letzte Nachricht und meine Antwort.
Ein weiteres Beispiel: Im Spotify-Widget habe ich nur Zugriff auf eine kleine Auswahl an Alben, Podcasts und Playlists. Meine Downloads oder abonnierten Podcasts kann ich über den Aussenscreen nicht aufrufen.
So klappe ich das Flip dann doch deutlich häufiger auf, als es eigentlich nötig wäre. Das ist schade, denn für mich liegt der Reiz der kleinen Klapptelefone gerade darin, gewisse Basics erledigen zu können, ohne auf den grossen Screen zu wechseln. Und ohne in Versuchung zu geraten, noch ein bisschen auf Social Media zu scrollen oder die Mails zu checken.
Wirklich innovativ ist die Nutzung des Aussendisplays für Übersetzungen. Das Gegenüber sieht die Fragen oder Antworten in der gewählten Fremdsprache – und bekommt auch gleich angezeigt, wann es selbst wieder sprechen kann.
Das ist auch die einzige der KI-Funktionen, die ich in den Ferien in Italien und Spanien wirklich genutzt habe. Den Rest, wie die Fotobearbeitung oder die Erstellung von Sketches aus Fotos oder eigenen Zeichnungen, habe ich ausprobiert, dann im Alltag aber wieder vergessen. Mehr Details dazu findest du im Text von Kollegin Michelle.
Zum Schluss noch eine Kaufempfehlung für die Hülle mit dem integrierten Ring. Zuerst fand ich dieses Accessoire unnötig. Klar, eine Hülle muss sein bei einem solchen Luxusgerät, aber ich hänge das Handy nicht an einen Bändel.
Inzwischen bin ich jedoch absoluter Fan. Ich nutze den Ring, um den Finger abzustützen. Das ist ein Vorteil, da das Flip in geöffnetem Zustand kopflastig ist und tendenziell nach vorne kippt. Mit der Hülle halte ich es bombenfest in den Händen. Zudem lässt sich das Gerät beim Videoschauen im Querformat mit dem Ring sogar leicht schräg hinstellen.
Fazit
Es hätte noch ein bisschen mehr sein können
Das Flip ist in der aktuellen Generation besser denn je. Der Prozessor war schon früher auf Topniveau, und nun ist es auch das Kamerasystem. Vor allem, wer regelmässig die Selfiekamera nutzt, findet kaum eine bessere Alternative als das Klapptelefon.
Das Flip 6 ist aber weiterhin so teuer wie ein Flaggschiff – auch wenn es einige Wochen nach Marktstart je nach Variante schon deutlich vergünstigte Angebote gibt. Eine bessere Akkulaufzeit und eine verbesserte Nutzbarkeit des Aussenscreens hätte ich zu diesen Konditionen erwartet. Mehr Innovation, weniger Stillstand.
Wer ein kompaktes Klapptelefon sucht, macht insgesamt mit dem Galaxy Flip 6 sicher nichts falsch. Ein Upgrade vom Flip 5 lohnt sich dagegen kaum.
Pro
- ausgezeichnete Hauptkamera
- ideal für hochwertige Selfie-Fotos und -Videos
- schneller Prozessor
- handliche Grösse
Contra
- Akkulaufzeit besser, aber immer noch nicht gut
- keine optische Aufwertung
- Potenzial des Aussenscreens wird zuwenig ausgeschöpft
Gadgets sind meine Passion – egal ob man sie für Homeoffice, Haushalt, Smart Home, Sport oder Vergnügen braucht. Oder natürlich auch fürs grosse Hobby neben der Familie, nämlich fürs Angeln.